Was haben Angela Merkel und Klaus Kinski, Verona Pooth und Karl Lagerfeld, Alice Schwarzer und Roger Moore, Ina Müller und Robbie Williams gemeinsam? Sie alle waren schon in der »NDR Talk Show« des Norddeutschen Rundfunks in Hamburg zu Gast. Manche von ihnen sogar mehrfach.
Seit 1979 sind fast 1000 Ausgaben gesendet worden. Am Freitag, 22.00 Uhr, feiern das die aktuellen Hauptmoderatoren Barbara Schöneberger (49, »Verstehen Sie Spaß?«) und Hubertus Meyer-Burckhardt (67, »Frauengeschichten«). Und zwar in einer zweieinhalbstündigen Livesendung und wieder mit vielen Prominenten. »Eine Wundertüte der Fernsehunterhaltung« nennt NDR-Intendant Joachim Knuth das dreimal im Monat ausgestrahlte Format mit jeweils sechs bis acht Gästen und jeweils mehr als einer Million Zuschauer.
»Dieses Format wird es noch lange geben«
Was mag das Erfolgsgeheimnis sein? Schöneberger hat da eine Idee: »Weil es nah am Menschen ist. Menschen unterhalten sich gern – mehr ist es nicht«, sagte die 49-Jährige der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg. Da stimmt ihr Meyer-Burckhardt sofort zu: »Daran gibt es ja eigentlich nichts zu verbessern.« Anhaltend beliebt sei die Show wohl auch, weil ihr Konzept nie verändert wurde. »Gefühlt standen da ja bis vor Kurzem noch dieselben Sessel wie in den 70ern. Und auf dem Tisch dasselbe Kranz-Gesteck aus Zapfen, Zimt und trocknen Orangen«, scherzte Schöneberger, die seit 2008 mit von der Partie ist.
So lautet denn die Prognose Meyer-Burckhardts, von 1994 bis 2001 und nun wieder seit 2008 als Gesprächsleiter dabei: »Dieses Format wird es noch lange geben.« Spontan ergänzt Schöneberger - beruflich vielfältig unterwegs, privat Unternehmergattin und Mutter zweier Kinder: »Und zwar mit uns! Hubertus und ich haben sehr viel Zeit – und zwar auch zunehmend Zeit in Zukunft. Wenn alle anderen Engagements altersbedingt wegbrechen – der NDR hält uns die Stange. Und daran werden wir uns festbeißen – im Notfall festkleben am Sessel. Hier ist es so, wie wenn man Papst ist. Du weißt, du machst es im Zweifel bis ganz zum Schluss. Keiner redet mit uns über unseren Vertrag – ich weiß ehrlich gesagt überhaupt nicht, was für einen Vertrag ich habe.«
Sie wollen den Menschen entdecken
Neben den beiden sind heute Bettina Tietjen und Johannes Wimmer das zweite Moderatoren-Team. Und zu ihren mehr als 80 Vorgängern in 44 Jahren gehörten Hermann Schreiber, Wolf Schneider, Marie-Luise Steinbauer, Dagmar Berghoff, Alida Gundlach, Carlo von Tiedemann und Julia Westlake. Im Alter getoppt wird der Unterhaltungs-Klassiker aus Hamburg allein von »3 nach 9« des Senders Radio Bremen – der ersten deutschen Talk-Show, ausgestrahlt seit 1974.
Wie würden die beiden TV-Stars allgemein die Zielsetzung ihrer Gespräche beschreiben? »Es geht darum, den Menschen zu entdecken hinter dem Grund, warum er da ist«, antwortet Meyer-Burckhardt. Und ergänzt: »Ich finde es zum Beispiel interessant zu sehen, warum schwitzt der jetzt, warum zittern die Hände – oder warum auch nicht. Und: Wir stellen im Regelfall keine privaten, sondern persönliche Fragen.« Schöneberger ergänzt: »Das sage ich auch immer den Gästen, die vorher aufgeregt sind: Erzähl' mir einfach, was du weißt – wie du es sonst auch machen würdest. Ich bin ja die Unwissende und du weißt, worum es geht.« Moderatoren sollten Lockerheit ausstrahlen und eine Atmosphäre kreieren, die heimelig ist und dazu einlädt, etwas von sich preis zu geben.
Es darf nicht zu lustig werden
Vor der Jubiläumssendung zeigen die Moderatoren auch Selbstkritik. »Natürlich gelingt es nicht immer, eine Brücke zum Gast zu schlagen«, so Meyer-Burckhardt. »Aber häufig ist man dann kritischer mit sich selbst als dass es das Publikum mit einem ist. Auf der anderen Seite erleben wir aber auch immer mal wieder, wenn wir eine richtige Partystimmung empfinden, dass dann die Zuschauer sagen, es war viel zu unruhig. Die Menschen haben dann das Gefühl, es gab eine Fete, zu der sie nicht eingeladen waren. Man muss schon zu einer Konzentration finden, die – was relativ schwierig ist – auch Heiterkeit zulässt. Das Publikum muss das Gespräch nachempfinden können.«
Und nicht zuletzt den Respekt vor dem Gast spüren. Zum Abschluss formulieren die beiden noch ein weiteres Erfolgsrezept. »In der 1000. Sendung haben wir ja nun Leute, die wirklich alle vom Erfolg geküsst sind. Weil sie etwas Enormes in ihrem Bereich geleistet haben. Die könnten überall hingehen«, sagt Meyer-Burckhardt. Und meint damit etwa Günther Jauch, Florian David Fitz, Christoph Maria Herbst, Mario Barth oder auch Carolin Kebekus, die alle auf der Gästeliste stehen. »Aber sie wissen, dass sie bei uns eine bestimmte Gastfreundschaft erwartet, eine bestimmte Herzlichkeit. Ich glaube, deshalb kommen die wirklich wahnsinnig gern.«
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