Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) appelliert an Opfer häuslicher Gewalt, die Taten häufiger anzuzeigen. »Es ist unerträglich, wenn Betroffene von häuslicher Gewalt aus Scham schweigen. Wir müssen sie stärken, die Taten anzuzeigen, damit mehr Täter strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können«, sagte Faeser. Gemeinsam mit dem Bundesfamilienministerium und dem Bundeskriminalamt erstellt das Innenministerium derzeit ein bundesweites Lagebild zum Thema häusliche Gewalt, zuerst hatte die »Welt am Sonntag« darüber berichtet.
Nach Recherchen der Zeitung bei den Landeskriminalämtern und Innenministerien der Bundesländer wurden im vergangenen Jahr deutschlandweit 179.179 Opfer häuslicher Gewalt polizeilich registriert. Das entspreche einem Anstieg von 9,3 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021. Insgesamt hätten 15 Bundesländer deutlich mehr Opfer als noch im Vorjahr gemeldet - nur in Bremen/Bremerhaven sank die Zahl. Zwei Drittel der Betroffenen sind nach Informationen der »WamS« Frauen.
»Jede Stunde erleiden durchschnittlich 13 Frauen Gewalt in der Partnerschaft«, sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus. »Fast jeden Tag versucht ein Partner oder Ex-Partner, eine Frau zu töten. Fast jeden dritten Tag stirbt eine Frau durch ihren derzeitigen oder vorherigen Partner.« Häusliche Gewalt sei alltägliche Realität in Deutschland, sagte die Grünen-Politikerin.
»Es ist ein furchtbarer Gedanke, dass das eigene Zuhause zu einem Ort des Schreckens werden kann. Gewalt in den eigenen vier Wänden betrifft viele Frauen, aber auch Kinder und Pflegebedürftige«, sagte Innenministerin Faeser dazu. Es gehe um Schläge und Misshandlungen, aber auch um Stalking und Psychoterror.
»Um gezielt handeln zu können, sind valide und verlässliche Daten unverzichtbar. In diesem Bereich haben wir leider ein sehr großes Dunkelfeld«, sagte Faeser weiter. Die Daten sollen daher in das Lagebild einfließen, das am 3. Juli in Berlin vorgestellt werden soll. Paus ergänzte: »Die Bundesregierung wird eine Gesamtstrategie gegen Gewalt erarbeiten, Prävention von Gewalt wird ein wichtiger Bestandteil der Strategie sein.« Noch immer gebe es Lücken im Unterstützungsangebot für Gewaltopfer.
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