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Mit Neugier gegen Wilderer: Nashorn-Spürhund für Südafrika

Grausam gutes Geschäft: Mehrere Zehntausende Euro kann ein Kilogramm Nashorn-Horn auf dem Schwarzmarkt einbringen. Im Kampf gegen Wilderer wird auch auf Spürhunde gesetzt. Doch das braucht Training.

Nashorn-Horn-Schnüffler
Matthias Klein, Hündin »Gooods Kulava Kutiva« und Perdita Lübbe-Scheuermann. Foto: Andreas Arnold/DPA
Matthias Klein, Hündin »Gooods Kulava Kutiva« und Perdita Lübbe-Scheuermann.
Foto: Andreas Arnold/DPA

Eine junge Mischlingshündin tobt und schnüffelt an Einsatzfahrzeugen und Regalen in einer Feuerwehrwache. Es wirkt, als wolle der flinke und kaum zu bändigende Vierbeiner nur spielen. Doch Gooods Kulava Kutiva steckt mitten in der Lehre. Ihr Name bedeutet nach Angaben der Hundetrainerin Perdita Lübbe-Scheuermann »Neugier« und die wird künftig auch ihr Job. Mit ihrer feinen Nase wird sie zur Nashorn-Horn-Spürhündin ausgebildet und soll ab dem kommenden Jahr in Südafrika Wilderern im Kruger-Nationalpark das Geschäft vermiesen.

»Für uns ist sie genau richtig. Sie spinnt rum und ist wild und ausdauernd und das passte genau für uns«, sagt Lübbe-Scheuermann, die zusammen mit ihrem Mann eine Hundeschule im südhessischen Griesheim betreibt. Ihren vorherigen Besitzern sei die jetzt ein Jahr alte Hündin zu viel gewesen. »Sie war immer auf dem Gas und sie konnten sie einfach nicht händeln.« Nicole Tomera vom Tierheim in Viernheim habe sie auf den Hund aufmerksam gemacht. »Wir haben sie im Februar übergeben bekommen.«

Ein ehrenamtlicher Job

Seit einigen Wochen wird Kutiva nun in der Wache der Freiwilligen Feuerwehr von Alsbach-Hähnlein von Matthias Klein mittrainiert und konditioniert. Der 43-jährige Polizeihauptkommissar ist Leiter der Diensthundestaffel beim Polizeipräsidium Darmstadt und arbeitet mit der Hündin ehrenamtlich in seiner Freizeit.

Am Anfang sei es grausam gewesen, sagt Klein. »Die lag auch mal eine Stunde im Raum und hat nichts mehr gemacht.« Dann sei es besser geworden, inzwischen mache es sehr viel Spaß. Kutiva muss zwischen Regalen, Autos, Schläuchen und Uniformen an zahlreichen magnetischen Blechdosen schnüffeln. Findet sie etwas Verdächtiges, legt sie sich flach auf den Boden und meldet so den Treffer. Am voraussichtlichen Ende der Ausbildung im kommenden April soll sie dann neben Nashorn-Horn auch Munition, Waffen, Schuppen von Schuppentieren und Elfenbein im Kampf gegen die Wilderer erschnüffeln.

Anders als bei Menschen oder Drogen ist das Horn eine besondere Herausforderung. »Das ist nichts anderes als Fingernägel«, sagt Klein. »Für Menschen riecht das nicht. Der Hund kann sich aber reinriechen.« Die Hunde werden überwiegend an den Toren eines abgezäunten Bereichs des Kruger-Nationalparks eingesetzt und sollen dort Fahrzeuge überprüfen. Sie werden aber auch auf Flächen und in Räumen eingesetzt. »Wir haben momentan vier Hunde unten«, sagt Lübbe-Scheuermann. Von den Hundeführern bekomme sie im Rahmen ihres Projektes »Rettet das Nashorn« täglich Rückmeldungen.

Hunderte Fälle von Wilderei

Laut dem südafrikanischen Umweltministerium wurden im vergangenen Jahr landesweit 448 Nashörner gewildert. Im ersten Halbjahr 2023 seien 231 Tiere getötet worden. Es seien mehrere erfolgreiche Verhaftungen und Strafverfahren verzeichnet worden und nach Angaben des Ministeriums gehe die Wilderei bei diesen Tieren zurück. Die Umweltschutzorganisation WWF hält die Zahlen des Ministeriums für glaubwürdig. »Eine Dunkelziffer gibt es dennoch«, sagt die Wilderei-Expertin Katharina Hennemuth. Das Ministerium veröffentliche nur Zahlen zu den Fällen, bei denen die toten Nashörner auch gefunden werden.

Lübbe-Scheuermann und Klein trauen den ihrer Meinung nach zu niedrigen Zahlen des Ministeriums nicht. »Der Staat kehrt das unter den Teppich und die Verantwortlichen vor Ort glauben, dass es viel mehr sind«, sagt Lübbe-Scheuermann. Klein würde es wundern, wenn in einem »korrupten Land« wie Südafrika die Zahlen korrekt sind. »Da hängt ja auch der Tourismus dran.« Der Kruger-Nationalpark sei fast so groß wie Hessen. »Da werden sicher nicht alle toten Nashörner gefunden.«

»Das Horn hat vor allem in Asien einen unverändert großen Absatz über Schwarzmärkte und wird dort für die traditionelle Medizin wegen seines hohen Wertes aber auch als Statussymbol nachgefragt«, sagt WWF-Expertin Hennemuth. Nashorn-Horn gelte als eines der wertvollsten illegalen Wildtierprodukte der Welt. Entsprechend hoch sei der Anreiz zu wildern und entsprechend gut ausgerüstet und organisiert sind die kriminellen Netzwerke. »Korruption spielt eine große Rolle, sowohl beim Wildern als auch beim Schmuggel aus dem Land.« Die Spürhunde sind nach Ansicht der WWF-Expertin eine gute Unterstützung. Sie könnten einen wichtigen Mehrwert im Kampf gegen den illegalen Artenhandel leisten. Dem WWF zufolge hat der Nashornbestand allein in Südafrika binnen zehn Jahren um mindestens 8000 Tiere abgenommen.

Nashorn als Delikatesse - und Modedroge

Mit schrumpfenden Beständen an Nashörnern richtet sich Lübbe-Scheuermann zufolge das Augenmerk immer mehr auf die Schuppentiere. Das Fleisch sei eine Delikatesse in Asien und die Schuppen würden zu einer Modedroge verarbeitet. Die Tiere würden »tonnenweise« nach Asien geschmuggelt, erklärt die Expertin.

Das Projekt »Rettet das Nashorn« habe sie zusammen mit ihrem Mann 2012 ins Leben gerufen, sagt die 58-Jährige, die im kommenden Jahr auch ein Nashorn-Kinderbuch veröffentlichen will. Sie seien bei drei Safaris auf gewilderte Nashörner gestoßen. Deswegen habe man das Projekt gestartet. »Wir sind sehr involviert in die ganzen Anti-Wilderereinheiten in Südafrika.« Seit 2012 sei Kutiva bereits der siebte Hund, der ausgebildet werde. Für die Arbeit sei der Verein allerdings auf Spenden angewiesen, unter anderem für Tierarztrechnungen, Ausrüstung, Kamerafallen und Benzingeld in Südafrika.

Bei der Ausbildung kommen auf die junge Hündin nun auch noch andere Stationen zu. Sie muss lernen, alle Ablenkungen und anderen Gerüche auszublenden. Auch ein Besuch in einem Zoo steht auf dem Programm. Sie müsse ja auch lernen, wem sie besser aus dem Weg geht. Für Löwen oder Leoparden sind Hunde Beutetiere. »Wir haben unseren Flug gebucht für den 8. April«, sagt Klein. Es sei kein Problem für Kutiva, sich da gleich wieder zurechtzufinden. »Die mag einfach Menschen.«

© dpa-infocom, dpa:230826-99-964125/3