BERN. Er kämpft dafür, dass Landwirte jungen Kälbern nicht mehr mit einem heißen Brennstab die Hornanlagen wegbrennen - wenn auch unter Narkose und mit Schmerzmittel. Am Sonntag stimmen die Schweizer über seine Hornkuh-Initiative ab.
Capaul (67) könnte mit seinem Rauschebart, kariertem Hemd und Strickmütze geradewegs einem Heidi-Film entstiegen sein. Er ist Schweizer Bergbauer mit Hof im Kanton Bern. »Ich habe schon manches Kalb gehört, das vor Schmerz geschrien hat«, sagt er. Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann widerspricht: »Ich habe Enthornungen als Junge mit eigenen Augen gesehen und nie den Eindruck gehabt, dass sie leiden.«
Um die Bedeutung der Hörner für das seelische Gleichgewicht der Kühe wird seit Jahren gestritten. »Das Horn gibt den Tieren Gelassenheit, innere Ruhe und Sicherheit«, sagt Christian Müller vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau. Bäuerinnen- und Landfrauenverband fürchten dagegen um die Sicherheit der Bauernfamilien. Ausgewachsene Kühe mit spitzen Hörnern könnten eine tödliche Gefahr sein.
Außerdem brauchen Hornkühe größere Ställe. »Wir befürchten, dass bei Annahme der Initiative mehr Kühe im Stall angebunden werden. Das würde dem Tierwohl nicht dienen«, sagt Patrizia Andina von der Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte.
In der Schweiz tragen nur noch zehn Prozent der rund 1,5 Millionen Rinder Hörner. Bei manchen Rassen sind sie ganz weggezüchtet. In Deutschland leben gut zwölf Millionen Rinder. Wie viele davon Hörner tragen wisse man nicht, sagt Björn Börgermann vom Milchindustrie-Verband. »Rinder sind von Hause aus keine Kuscheltiere sondern große Nutztiere mit viel Kraft«, sagt er. »Es besteht daher für den Tierhalter unabhängig von der Haltungsform durchaus ein erhöhtes Gefährdungspotential in der Arbeit mit behornten Tieren.«
Capaul fordert kein Verbot, weil er dafür keine Chance an der Abstimmungsurne sah. Vielmehr verlangt er neue Subventionen für Bauern, die ihren Tieren - neben Kühen auch Ziegen - die Hörner lassen. Die Regierung glaubt, dass das zu teuer wird. (dpa)