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Aktuell INTERVIEW

Katzenmumien für die Katzengöttin

Ägyptologin Salima Ikram hat Tiermumien ausgegraben und auch bereits selbst Mumien hergestellt

Katzenmumien mit und ohne Maske.  FOTOS: KELLEN/EGYPTIAN MUSEUM ANIMAL MUMMY PROJECT
Katzenmumien mit und ohne Maske. FOTOS: KELLEN/EGYPTIAN MUSEUM ANIMAL MUMMY PROJECT
Katzenmumien mit und ohne Maske. FOTOS: KELLEN/EGYPTIAN MUSEUM ANIMAL MUMMY PROJECT

KAIRO. Katzen waren im Alten Ägypten beliebte Haustiere, aber auch Opfertiere für Bastet, die Göttin mit dem Katzengesicht. Professorin Salima Ikram von der American University in Kairo ist eine Expertin auf dem Gebiet der Tiermumien. Auf Nachfrage des GEA erklärt die Expertin das Geheimnis der Katzenmumien.GEA: Wie fertigten die Ägypter eine Katzenmumie an?

Salima Ikram: Wir haben die Mumifizierung nach den alten Methoden hier an der Universität mit dem verstorbenen Haustier eines Studenten ausprobiert. Dazu entfernt man die Eingeweide, stopft das Tier mit Natronsäcken aus und lässt es trocknen. Einen Menschen müsste man 40 Tage trocknen lassen. Eine Katze ist aber viel kleiner, deshalb reichen 25 Tage. Anschließend kann man mit Ölen arbeiten und die Mumie in Bandagen einwickeln.

Wozu wurden Katzenmumien hergestellt?

Ikram: Die Tiere waren religiöse Opfergaben. Es gab im Alten Ägypten verschiedene Götter mit Tierköpfen. Jeder dieser Götter hatte ein bestimmtes Opfertier. Anubis mit dem Schakalkopf, Horus mit dem Falkenkopf und eben Bastet, die Göttin der Fruchtbarkeit, mit dem Katzenkopf. Die Katzenmumien sind eine Opfergabe für sie.

Gibt es viele Katzenmumien?

Ikram: Wir wissen nicht genau, wie viele es gab, weil viele Mumien zerstört wurden. Teilweise wurden zermahlene Reste von Mumien als Heilmittel benutzt. Aber ich gehe von einigen Hunderttausend Katzenmumien aus. Und einige Hundert sind in den Museen weltweit erhalten.

Wie lief das Opferritual ab?

Ikram: Die Priester züchteten Katzen speziell zu diesem Zweck. Die Leute gaben den Priestern Geld, die daraufhin eine Katze töteten, mumifizierten und in eine spezielle Mumienkammer legten. Wir nehmen an, dass das eine wichtige Geldquelle der Tempel war und es eine Art industrielle Serienproduktion von Katzenmumien gab.

War das teuer oder konnte sich das jeder leisten?

Ikram: Das kommt darauf an, welche Qualität die Mumie hat. Wir haben Mumien in unterschiedlicher Qualität gefunden. Das heißt, dass es je nach Qualität der Öle und der Einbalsamierung unterschiedliche Mumien für unterschiedliche Schichten gab.

Waren Katzen die häufigsten mumifizierten Opfertiere?

Ikram: Nein. Wir haben unterschiedliche mumifizierte Opfertiere gefunden, darunter auch Spitzmäuse. Das häufigste Opfertier war wohl der Ibis.

Waren Katzen als Haustiere im Alten Ägypten häufig oder waren es sehr edle Tiere, die nur wenigen vorbehalten waren?

Ikram: Jeder der wollte, konnte eine Katze halten. Es gab sehr viele Katzen, weil Ägypten ein Land war, in dem viel Getreide angebaut wurde. Es gab außerdem viele Schlangen. Die Katzen sollten als Nutztiere die Schädlinge wie beispielsweise Mäuse, Ratten und Schlangen jagen.

Haben die Ägypter wilde Katzen gefangen und gezähmt oder bereits gezähmte Katzen importiert?

Ikram: Die Frage wer und wann zuerst Katzen domestizierte, ist Gegenstand einer wissenschaftlichen Debatte. Es laufen Genuntersuchungen dazu. Sicher ist, dass die ersten Katzen im Nahen Osten domestiziert wurden, weil sie von der afrikanischen Falbkatze abstammen. Das Alte Ägypten spielte in jedem Fall eine wichtige Rolle bei der Verbreitung von Katzen als Haustieren. Unklar ist, ob Hauskatzen gehandelt wurden, ob sie auf Kornschiffen als Aufpasser eingesetzt wurden oder ob sie sich als eine Art blinde Passagiere verbreiteten. Griechen und Römer setzten zunächst eher auf Frettchen als Mäusejäger.

In welcher Zeit wurden die meisten Katzenmumien produziert?

Ikram: Es gibt zwar bereits im Alten Reich und im Neuen Reich Katzendarstellungen, aber die Massenproduktion von Katzenmumien setzt in der Spätzeit von 600 vor Christus in der 26. Dynastie ein und dauert bis 400 nach Christus in die griechisch-römische Zeit.

Das heißt, auch die Römer haben den Kult mit den Katzenmumien betrieben?

Ikram: Alexander der Große und seine Nachfolger, aber auch die Römer haben in Ägypten die Lebensweise der Ägypter adaptiert und auch ihre Götter verehrt. Deshalb hielt auch der Katzenkult um die Göttin Bastet durch die gesamte Antike bis 400 nach Christus an. (GEA)

ZUR PERSON

Professor Salima Ikram, geboren 1965 in Lahore, ist eine pakistanische Archäologin und Ägyptologin. Sie lehrt an der American University in Kairo und ist Expertin für antike Tierbestattungen. Salima Ikram hat unter anderem an den bedeutenden ägyptischen Ausgrabungsstätten im Tal der Könige, in Gizeh und in Karnak Grabungen beaufsichtigt. Den Kontakt zu Ikram stellten die Ägyptologen der Universität Tübingen her. (GEA)