BERLIN. Mehr als jeder Zweite der 12- bis 17-Jährigen in Deutschland hat in den vergangenen zwölf Monaten Inhalte wie Nacktaufnahmen oder sexuelle Darstellungen gesehen, meistens im Internet.
Jungen suchen deutlich häufiger als Mädchen absichtlich danach, wie aus einer Untersuchung des Leibniz-Instituts für Medienforschung in Hamburg hervorgeht, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Sie basiert auf Befragungen von mehr als 1000 Kindern und Jugendlichen zwischen 9 und 17 Jahren sowie Elternteilen.
Den Forschern zufolge unterschätzen viele Eltern die Häufigkeit, mit der ihre Kinder bestimmte Erfahrungen im Internet machen - das gelte insbesondere für sexuelle Darstellungen, teilte das Institut mit. »Was Eltern als Risiko wahrnehmen, scheint für die Heranwachsenden oft gar nicht schlimm, sondern attraktiv zu sein: 61 Prozent der Jungen finden Gefallen an sexuellen Inhalten.«
Die Ergebnisse zeigten, dass diese Inhalte nicht per se negativ sein müssten, sondern mitunter für Heranwachsende bei der sexuellen Entwicklung auch eine Informations- beziehungsweise Orientierungsfunktion erfüllen könnten, erklärte Institutsdirektor Uwe Hasebrink.
Nachrichten, in denen über Sex gesprochen wurde, oder Fotos mit Nackten oder Menschen beim Sex hat in der Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen nach eigenen Angaben mehr als jeder Dritte erhalten. Jeder Fünfte verschickte oder postete solche Inhalte selbst - meistens an jemanden direkt.
Fast jeder zehnte Befragte gab an, im vergangenen Jahr etwas Schlimmes oder Verstörendes im Netz erlebt zu haben. Gemeinheiten wie Hänseleien und Spott erfahren Kinder und Jugendliche laut der Studie allerdings häufiger von Angesicht zu Angesicht als im Internet: Rund ein Viertel sah sich on- oder offline betroffen. Daten zum spezifischeren Phänomen Mobbing erhoben die Wissenschaftler nicht.
Im Schnitt sind Kinder und Jugendliche laut der Befragung werktags 2,4 Stunden online, an einem Wochenende drei Stunden. Videos, Musik, Schularbeiten, Spiele und soziale Medien zählten zu den bevorzugten Beschäftigungen. Insgesamt entwickelten Kinder und Jugendliche sehr spezifische Muster beim Umgang mit Online-Medien, betonen die Wissenschaftler, entsprechend unterschieden sich auch die Risiken. (dpa)