Man kann ein paar Stunden im Flugzeug sitzen oder ein paar Tage im Auto, um vom einen Ende der USA zum anderen zu gelangen. Oder man ist Extremsportler und braucht keinen Motor, aber dafür halt vier Monate.
Der deutsche Jonas Deichmann ist Anfang Juli von New York nach Los Angeles mit dem Fahrrad gefahren - und dann zurück gelaufen. Die Vereinigten Staaten hat der 36-Jährige so kennengelernt wie vor ihm nur ganz Wenige. Und er verstehe das Land nun besser, erzählt er.
Körperlich seien die deutlich mehr als 10.000 Kilometer nicht das ganz große Problem gewesen, sagt Deichmann der Deutschen Presse-Agentur nach seiner Ankunft am Samstag in New York. Gerade ist er die letzten Kilometer durch Manhattan gelaufen, durch den Central Park, über den Times Square. Nun steht er am Rande des East River, hinter ihm die Skyline. Sein Bart ist lang, die Haare zerzaust unter der roten Kappe, das Gesicht wettergegerbt. Tatsächlich erinnert er damit sehr an die Hauptfigur seines Lieblingsfilms Forrest Gump, der in dem Oscar-prämierten Meisterwerk einen ähnlichen Lauf macht.
Ungemeine Weite - und große Unterschiede in den USA
Und wie Gump rannte Deichmann durch das spektakuläre Monument Valley in Arizona, durch die unvergleichliche Landschaft Utahs, sprang am Strand von Santa Monica in den Pazifik und schwitzte bei 50 Grad in der Mojave-Wüste in Kalifornien. Was Deichmann während seiner Wochen ganz alleine auf der Straße deutlich wurde, so sagt er, seien die ungemeine Weite und großen Unterschiede in den Vereinigten Staaten.
Er verstehe nun auch besser, warum die Supermacht genau ein Jahr vor einer als schicksalhaft angesehenen Präsidentschaftswahl so gespalten sei. Deichmann rannte durch reiche Gegenden, in denen »alles funktioniert« - und durch »extrem abgehängte« Regionen, deren Bewohner tief frustriert seien. »Es ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, aber halt nicht für alle.«
Deichmanns bevorzugtes Fortbewegungsmittel ist eigentlich das Fahrrad, mit dem er es in den vergangenen Jahren ins Guinness-Buch der Rekorde schaffte: In 64 Tagen fuhr er 16.000 Kilometer von Portugal nach Wladiwostok in Russland. Danach folgten Touren von Alaska bis nach Patagonien und vom Nordkap in Norwegen bis zum Kap der Guten Hoffnung in Südafrika.
Mit dem »Triathlon um die Welt« - von September 2020 bis November 2021 war er mehr als 400 Tage lang radelnd, schwimmend und laufend unterwegs - bekam Deichmann internationale Aufmerksamkeit. Seine 120 Ironman-Distanzen am Stück inspirierten Sportler auf der ganzen Welt. Dagegen nahm sich Deichmanns USA-Abenteuer mit täglich etwa 200 Kilometern auf dem Rad oder über 50 Kilometern zu Fuß fast schon entspannt aus.
»Manchmal rufe ich mal jemanden an«
Doch gerade die mehr als 2000 Kilometer lange Laufstrecke durch immer gleich aussehende Maisfelder im Mittleren Westen sei mental fordernd gewesen, schildert der gebürtige Stuttgarter. »Da geht's vor allem darum sich abzulenken.« Er höre dann Podcasts, Musik und Hörbücher. »Manchmal, wenn's so ganz, ganz monoton ist den ganzen Tag, dann rufe ich mal jemanden an.«
Deichmann hatte bei seiner Tour meistens kein Team an seiner Seite, sondern transportierte sein minimalistisches, nur wenige Kilogramm schweres Gepäck auf dem Fahrrad oder in einem Wagen, den er beim Joggen hinter sich her zog. Für die letzte Distanz in den USA lief er am Sonntag noch beim berühmten New York Marathon zusammen mit Tausenden anderen Menschen mit, wie auf Instagram veröffentlichte Fotos zeigten. Dann geht es für ihn wieder nach Europa, wo Deichmann sich besonders auf sein Leibgericht freut: Käsespätzle.
Danach warten wieder neue Abenteuer. Im Mai werde er sein nächstes Projekt beginnen, sagt der Extremsportler. Was es ist, wird erstmal nicht verraten. Nur so viel: Es werde »ein bisschen schwerer« als die USA-Tour. »Das hat noch keiner gemacht.«
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