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Jesuskind, Ochs und Esel - 800 Jahre Weihnachtskrippe

Egal ob Kitsch oder Kultur: In vielen Haushalten gehören Weihnachtskrippen traditionell zum Fest. Der Legende nach wurden sie vor genau 800 Jahren von Franz von Assisi erfunden.

Weihnachtskrippe in Greccio
Eine Krippe im Franziskanerkloster der mittelitalienischen Gemeinde Greccio. Foto: Christoph Sator/DPA
Eine Krippe im Franziskanerkloster der mittelitalienischen Gemeinde Greccio.
Foto: Christoph Sator/DPA

An Weihnachten gibt es in diesem Jahr einen Grund mehr, zu feiern: abgesehen von 2023 Jahren Christi Geburt wird in der Nacht auf den 25. Dezember nach offizieller Lesart der römisch-katholischen Kirche die Weihnachtskrippe genau 800 Jahre alt. Das erste Krippenspiel der Christengeschichte soll in der Weihnachtsnacht 1223 in einer Felsenhöhle nahe des mittelitalienischen Dorfes Greccio gezeigt worden sein. Der Legende nach kam die Idee vom heiligen Franz von Assisi, dem Namensgeber des heutigen Papstes Franziskus.

Dementsprechend groß wird das Jubiläum begangen, in Greccio und im Vatikan auch. In den Sabiner Bergen, anderthalb Autostunden entfernt von Rom, ist gerade Halbzeit von acht Wochen Kulturprogramm. Auf dem Petersplatz ließ Franziskus dieses Jahr eine Greccio-Krippe mit lebensgroßen Figuren aufstellen. Das Oberhaupt von 1,3 Milliarden Katholiken gilt als Liebhaber dieser volkstümlichen Tradition - gemäß dem Gedanken, dass gerade die kleinen und einfachen Dinge den Weg zu Gott weisen. In seiner Kindheit sei die Krippe sogar wichtiger gewesen als der Weihnachtsbaum, so der Papst. »Im Haus meiner Eltern in Buenos Aires hat dieses Zeichen zu Weihnachten nie gefehlt.«

Tradition in vielen Wohnzimmern

So war das auch in Europa Tradition. Insbesondere in katholischen Gegenden war es guter Brauch, zu Weihnachten im Wohnzimmer die fromme Szene aus dem Stall von Bethlehem nachzustellen: mit kleinen Figuren aus Holz, aus Wachs, aus Hartguss, aus Ton, aus Pappmaché, gern auch vor der Kulisse der eigenen Heimat. Besonders begehrt waren handgefertigte Szenerien aus den Alpen, aus der Provence und aus der Gegend um Neapel. Für viele Bauern war die Herstellung von Krippen im Winter ein hoch geschätzter Nebenerwerb.

Die Szene war meist gleich: im Zentrum das Jesuskind in einem Futtertrog, Maria und Joseph daneben, zudem Ochs und Esel sowie Hirten und Musiker dazu. Wichtig war, dass der kleine Jesus nicht vor Heiligabend in die Krippe gelegt werden durfte und dass die drei Könige - und auch deren Kamele - erst am 6. Januar dazu kamen. Spätestens am 2. Februar, dem Fest Mariä Lichtmess, wanderte alles wieder bis zum nächsten Dezember in Kiste oder Karton.

Im Lauf der Zeit kamen immer mehr Figuren hinzu. In Italien, wo Krippen bis heute wichtig sind, gehören Pizzabäcker fast zum Standard. Anderswo gesellten sich Gestalten aus »Krieg der Sterne« oder der »Sesamstraße« dazu. In deutschen Wohnzimmern gab es einige Jahre, da SA und Wehrmacht dem Jesuskind die Aufwartung machen. In London bekam das Wachsfigurenkabinett »Madame Tussauds« mächtig Ärger, weil die Heilige Familie dort aus den Beckhams bestand. Mit zunehmender Kommerzialisierung von Weihnachten verloren die Krippen zuhause an Bedeutung. In den meisten Kirchen gibt es sie noch.

Eine Nacht in der Felsenhöhle

Der Überlieferung zufolge geht alles auf den Gründer des Franziskanerordens zurück. Angeblich stellte Franz von Assisi (1181/82-1226) vor 800 Jahren mit einigen Ordensbrüdern und Hirten das Weihnachtsevangelium in der Höhle nach, um den Leuten aus Greccio die Geschichte verständlicher zu machen. Lesen konnten damals die wenigsten. Die Teilnehmer der Mitternachtsmette hätten eine »zuvor nie gekannte Freude« empfunden, berichtete Assisis Biograf Thomas von Celano. Einem Ordensbruder soll sogar das Jesuskind erschienen sein.

So wird die Geschichte bis heute zelebriert. An der Stelle, wo sich die Höhle befunden haben soll, steht schon seit Jahrhunderten ein Kloster des Franziskanerordens. Seit 1989 ist es auch für Touristen geöffnet. Inzwischen gibt es einen Souvenirshop, aber immerhin auch noch vier Ordensbrüder. Vom Papst liegt in der Kapelle ein selbst geschriebener Apostolischer Brief (»Admirabile Signum«) über Krippen aus. Franziskus war auch schon in Greccio zu Besuch.

Keine Spur von Maria und Joseph

Ob sich das damals so zugetragen hat, gehört zu den vielen Glaubensfragen der katholischen Kirche. Wenn, dann war es eine »Lebendkrippe« in sehr reduzierter Form: dass eine Maria oder ein Joseph bei der Aufführung dabei waren, steht nirgends. Wissenschaftlich belegt hingegen ist, dass es deutlich ältere Darstellungen von Christi Geburt gibt - auf frühchristlichen Sarkophagen zum Beispiel oder in romanischen Kathedralen. In Rom findet sich die die älteste Krippenszene in der Kirche Santa Maria Maggiore, ein Marmormonument von 1291.

In Greccio lassen sich die Leute davon nicht beirren. Am Ortseingang prangt stolz das Schild »Erste Weihnachtskrippe der Welt«. Direkt dahinter parken die Busse. Greccios Weihnachtsmarkt gehört wohl zu den wenigen, auf denen heute noch mehr Geld mit Krippenfiguren gemacht wird als mit Glühwein. Vieles ist made in China. Fra Giovanni, einen der verbliebenen Franziskaner, stört das nicht. »Natürlich ist das Kommerz«, sagt der Ordensbruder. »Aber wichtig ist, dass die Tradition erhalten bleibt.« Im Kloster haben sie auch noch italienisches Handwerk im Angebot. Das Set aus 17 Figuren kostet 350 Euro.

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