Berlin (dpa) - Bei amtlichen Lebensmittelkontrollen in Deutschland gibt es nach einer Auswertung der Verbraucherorganisation Foodwatch massive Mängel.
Die vorgegebene Zahl an Betriebsprüfungen konnten nur zehn Prozent der bundesweit fast 400 Behörden erfüllen, wie Foodwatch am Mittwoch in Berlin mitteilte. Damit hätten insgesamt mehr als 250.000 vorgesehene Kontrollbesuche nicht stattfinden können. Grund sei eklatanter Personalmangel.
Foodwatch und die Verbraucherzentralen forderten einen grundlegenden Umbau der Lebensmittelüberwachung. Foodwatch sprach von einem »fast flächendeckenden Verstoß« gegen Verbraucherschutzvorgaben. Die Politik lasse Kontrolleure im Stich. »Die verantwortlichen Landräte, Oberbürgermeisterinnen und Minister schaden nicht nur den Verbraucherinnen und Verbrauchern, sondern auch den vielen sauber und ehrlich arbeitenden Lebensmittelbetrieben«, sagte Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker.
Zuerst hatten »Welt« und der Bayerische Rundfunk über die Datenauswertung berichtet. Dafür fragte Foodwatch bei 394 Behörden Angaben zum vorgeschriebenen »Soll« und zum tatsächlichen »Ist« der planmäßigen Kontrollen von Lebensmittelherstellern, Restaurants und Imbissen ab. Demnach erfüllten 41 Behörden (10,4 Prozent) das Soll, 334 erfüllten es nicht (84,8 Prozent), 19 Fälle waren unklar. Besonders eklatant sei die Lage in Berlin und Bremen - dort seien mehr als die Hälfte der vorgesehenen Betriebsbesuche ausgefallen.
Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) forderte die für die Überwachung zuständigen Länder auf, alle beteiligten Behörden ausreichend auszustatten. »Es ist nicht hinnehmbar, dass die Länder den offenkundigen Personalmangel nicht abstellen. Wenn es um die Gesundheit der Menschen geht, darf nicht gespart werden.« Das Ministerium verwies auf Angaben des Berufsverbandes, dass bundesweit 1500 Kontrolleure fehlten.
Foodwatch forderte, statt unzähliger kommunaler Behörden müsse in jedem Bundesland eine einzige unabhängige Anstalt für Kontrollen zuständig sein. Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit dürften nicht von der Kassenlage abhängen.
Der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vbzv), Klaus Müller, nannte es inakzeptabel, dass die Lebensmittelüberwachung so kleingespart worden sei, dass sie gesetzlichen Pflichten oft nicht ausreichend nachkommen könne. Nötig seien mehr Personal, mehr Kontrollen und mehr Transparenz.