Als die Männer in Schwarz die Nachricht des Todes von Königin Elizabeth II. am Zaun vom Buckingham-Palast anbringen, fließen Tränen. Einige der Umstehenden stimmen die Nationalhymne an, passenderweise heißt sie »God Save the Queen«. Die Königin starb friedlich in Balmoral an diesem Nachmittag, steht auf dem schlichten weißen Blatt Papier mit Holzrahmen. Smartphones überall.
Die Queen ist tot, 96 Jahre alt ist sie geworden. Menschen strömen am Donnerstag zum Palast in London. Polizisten bewachen inmitten von niedergelegten Blumen das Gebäude. Sorgenvolle Blicke, Umarmungen.
Passend zur Stimmung regnet es schon nachmittags, dunkle Wolken ziehen über Großbritanniens Hauptstadt, als sich die Informationen verdichten, dass es Elizabeth II. wirklich schlecht geht. Dann, ein Regenbogen, fast wie der letzte Gruß der Monarchin. »Das Herz der Welt ist gebrochen«, steht auf einem Zettel vor dem Palast. Sie war alt und immer gebrechlicher geworden, der Tod ist in diesem Alter kein überraschender Gefährte. Aber trotzdem ist es ein Schock. Großbritannien ohne Queen? Eigentlich unvorstellbar.
Teil des Lebens vieler Menschen
John Loughrey ist jemand, den die britische Nachrichtenagentur PA als »Royal Superfan« bezeichnet. Er ist sich sicher, dass es bei der Queen wie mit den Schwänen ist: Sie folgen ihren Partnern in den Tod. Und die Queen folgte ihrem geliebten Mann Prinz Philip, der im April letzten Jahres mit 99 starb. »Es ging abwärts bei ihr, als der Herzog von Edinburgh (Philips offizieller Titel) starb«, sagt Loughrey laut PA, »sie waren wie zwei Schwäne.« Er will nun zehn Tage vor dem Palast campen, bis zum Staatsbegräbnis. Und dann eine Kerze in der Westminster Abbey anzünden. Dort findet die Trauerfeier mit der Königsfamilie, Staatsoberhäuptern und Mitgliedern anderer europäischer Königsfamilien statt.
Annette German aus London erinnert sich noch an die Krönung der Queen im Jahr 1953. »Ich war mit meiner Großmutter bei der Krönung und als ich hörte, dass es ihr schlecht ging, dachte ich: «Ich muss dabei sein»«, sagt die pensionierte Lehrerin.
Aber nicht nur in London, sondern auch in Windsor, am offiziellen Wohnsitz der Königin, und in Balmoral, wo sie in ihrer schottischen Lieblings-Residenz gestorben ist, versammeln sich den Tag über die Menschen. Der Tod scheint in gewisser Weise das Königreich zu einen, das sich in den vergangenen Jahren nicht gerade durch große Einigkeit hervorgetan hat.
Respekt zollen vor dem Palast
Als Scott Thomas im walisischen Cardiff die Nachricht hört, feierte er gerade noch mit seinen Freunden. »Mir war sofort klar: Ich muss nach London«, sagt der 31-Jährige. Mit einem Strauß Sonnenblumen und einer regenbogenfarbenen Trauerkarte, die er im Zug in Richtung Hauptstadt fertig schreibt, will er so schnell wie möglich zum Buckingham-Palast. Die Queen habe viel für die Rechte von Homosexuellen wie ihm getan. »Ich will ihr Respekt zollen, das ist das Mindeste, was ich tun kann.«
Und obwohl der Tod der Königin mit ihren 96 Jahren nicht völlig überraschend kommt, ist Cathy Duncan schockiert. »Ich bin wirklich traurig, es ist definitiv das Ende einer Ära«, sagt die Waliserin. »Die Queen hat Großbritannien in einer Weise repräsentiert, wie es ein gewählter Politiker vielleicht gar nicht könnte.« Ob die Britinnen und Briten für König Charles III. ähnliche Gefühle entwickeln können wie für seine Mutter, kann sich Duncan noch kaum vorstellen. Es seien wirklich sehr große Fußstapfen, in die er treten müsse.
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