Im Verleumdungsprozess zwischen Hollywood-Star Johnny Depp (58) und seiner Ex-Ehefrau Amber Heard (36) hat sich die Jury größtenteils auf die Seite von Depp gestellt - aber auch Heard in einigen Punkten recht gegeben.
Das teilten die sieben Geschworenen der Richterin Penney Azcarate am Mittwoch vor Gericht im Bezirk Fairfax im US-Bundesstaat Virginia mit. Die Jury sah es als in allen Punkten erwiesen an, dass Heard Depp verleumdet habe - gab aber in einigen Punkten auch Heard recht, dass ein Ex-Anwalt von Depp ihren Ruf geschädigt habe.
Die Jury sprach Depp Schadenersatz in Höhe von zehn plus fünf Millionen Dollar zu, letztere Summe reduzierte die Richterin aufgrund entsprechender Regulierungen im Bundesstaat Virginia auf 350.000 Dollar. Heard sprach die Jury Schadenersatz in Höhe von zwei Millionen Dollar zu. Letztendlich muss Heard dem Urteil zufolge folglich 8,35 Millionen Dollar (knapp 8 Millionen Euro) an Depp zahlen. Heard plane, das Urteil anzufechten, kündigte ihre Verteidigerin Elaine Bredehoft am Donnerstag im US-Fernsehen an.
Amber Heard ganz in Schwarz
Die Verkündung des Urteils hatte sich zuvor verzögert, weil die Jury den von ihr als angemessen betrachteten Schadenersatz nicht auf dem entsprechenden Formular eingetragen hatte. Heard verfolgte die Urteilsverkündung ganz in Schwarz gekleidet, sie war in Begleitung ihrer Schwester gekommen. Depp zeigte sich nicht. Vor dem Gericht hatten sich zahlreiche Schaulustige und Fans vor allem von Depp versammelt, die nach dem Urteil in Jubel ausbrachen und »Johnny, Johnny« riefen.
»Diese Jury hat mir mein Leben zurückgegeben«, teilte Depp anschließend mit - und bedankte bei der Jury und auch bei seinem Anwaltsteam und seinen Unterstützern. »Das Ziel, diesen Prozess voranzubringen, war von Anfang an, die Wahrheit ans Licht zu bringen - egal wie es ausgehen würde. Die Wahrheit zu sagen war etwas, was ich meinen Kindern und all denjenigen, die mich immer unterstützt haben, geschuldet habe. Jetzt wo ich das geschafft habe, fühle ich einen inneren Frieden in mir.«
Heard zeigte sich hingegen zutiefst enttäuscht. »Die Enttäuschung, die ich heute fühle, kann man nicht in Worte fassen«, schrieb die Schauspielerin via Kurznachrichtendienst Twitter. Dass die Jury ihr trotz eines »Bergs an Beweisen« größtenteils nicht geglaubt habe, breche ihr Herz. Zudem sehe sie das Urteil als einen »Rückschritt« für andere Frauen in ähnlicher Situation. »Ich bin traurig, dass ich den Prozess verloren habe. Aber ich bin noch trauriger, dass ich anscheinend ein Recht verloren habe, von dem ich davon ausgegangen war, dass ich es als Amerikanerin habe - frei und offen zu sprechen.«
Zuvor hatten sich Depp und Heard in dem Verleumdungsprozess sechs Wochen lang gegenseitig mit schweren Vorwürfen überzogen - über Kameras per Livestream in alle Welt verbreitet. In ihren Abschlussplädoyers hatten die Anwälte beider Seiten dann noch einmal heftige Anschuldigungen von sexuellem Missbrauch, körperlicher Gewalt, Lügen und Drogenexzessen vorgebracht.
Der »Fluch der Karibik«-Star hatte Heard in seiner Zivilklage beschuldigt, in einem 2018 von der »Washington Post« veröffentlichten Kommentar zum Thema häusliche Gewalt falsche Aussagen gemacht zu haben. Dies habe seinem Ruf geschadet. Wegen Verleumdung hatte er 50 Millionen Dollar (gut 46 Millionen Euro) Schadenersatz gefordert. Heard pochte in ihrer Gegenklage auf 100 Millionen Dollar. Sie machte geltend, dass Depps Ex-Anwalt Adam Waldman mit einer Schmutzkampagne ihrem Ansehen geschadet habe.
2016 Scheidung nach nur 15 Monaten Ehe
Die bittere Auseinandersetzung tobt schon seit Jahren. 2016 hatte Heard nach nur 15 Monaten Ehe die Scheidung eingereicht. Sie warf dem Hollywood-Star häusliche Gewalt vor.
Vor rund zwei Jahren hatte Depp in London mit einer Klage gegen die Boulevardzeitung »Sun« eine Niederlage einstecken müssen. Es ging um einen Artikel, in dem behauptet wurde, Depp habe als Frauenschläger (»wife beater«) Heard körperlich misshandelt. Nach einem Prozess mit heftigen Vorwürfen wies der High Court die Klage am Ende ab.
Jury besteht aus fünf Männer und zwei Frauen
Das Urteil der Jury, fünf Männer und zwei Frauen, fiel nach dreitägigen Beratungen. Im Kern der von Depp eingereichten Zivilklage ging es um einen 2018 von der »Washington Post« veröffentlichten Kommentar, in dem sich Heard als Opfer häuslicher Gewalt beschrieb. Depp wurde darin von ihr nicht namentlich genannt, aber der »Fluch der Karibik«-Star sah sich damit als Opfer von Falschaussagen gebrandmarkt und klagte wegen Verleumdung auf 50 Millionen Dollar Schadenersatz. Heard holte zur Gegenklage mit einer 100 Millionen Dollar-Forderung aus. Sie machte geltend, dass Depps Ex-Anwalt Adam Waldman mit einer Schmutzkampagne ihrem Ansehen geschadet habe.
Die Urteilsfindung drehte sich um komplizierte Rechtsfragen wie Redefreiheit, Vorsatz oder Rufschädigung - aber ebenso standen die Glaubwürdigkeit der Hollywood-Stars und die gegenseitigen Missbrauchsvorwürfe auf dem Prüfstand. Wochenlang hatten die Anwälte beider Seiten Anschuldigungen von sexuellem Missbrauch, körperlicher Gewalt, Lügen und Drogenexzessen vorgebracht, unterlegt von Dutzenden Zeugenaussagen, schockierenden Handyvideos, Tonaufzeichnungen mit derben Beschimpfungen und Fotos mit Blutergüssen.
Gegenseitige Schuldzuweisungen
Heard hatte im Zeugenstand zahlreiche Vorfälle von angeblichem Missbrauch geschildert. Der Schauspieler betonte dagegen unter Eid, er habe in seiner Beziehung mit Heard »niemals« körperliche Gewalt angewendet. Depps Anwälte stellten Heard als notorische Lügnerin dar, deren Aussagen man nicht trauen könnte.
Heards Anwalt Benjamin Rottenborn wiederum zeichnete ein Bild von Depp als wütendem, aggressivem Mann, der vor allem unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen zum »Monster« geworden sei. Ein Urteil gegen Heard wäre eine niederschmetternde Botschaft für Missbrauchsopfer auf der ganzen Welt, warnte Rottenborn.
In dem bitteren Schlagabtausch der Ex-Eheleute genoss Depp einen gewaltigen Fan-Vorteil. Täglich war der Star vor dem Gerichtsgebäude von jubelnden Anhängern empfangen worden. Auch am Mittwoch ertönten laute Jubelschreie - für Depp. Unter Hashtags wie #JusticeforJohnny hatten Fans im Netz »Gerechtigkeit für Johnny!« gefordert und für den Schauspieler lautstark Partei ergriffen. Heard hatte deutlich weniger Unterstützer, aber umso mehr Anfeindungen in den sozialen Medien.
Heards emotionaler Auftritt zum Prozessende
Ihr emotionaler Auftritt im Zeugenstand zum Prozessende war einer von vielen Schockmomenten im Gerichtssaal des Bezirks Fairfax im US-Bundesstaat Virginia, vor den Toren der US-Hauptstadt Washington. »Ich werde jeden einzelnen Tag belästigt, gedemütigt und bedroht, allein schon, wenn ich in diesen Gerichtssaal laufe«, sagte Heard vor der Jury. »Ich bekomme regelmäßig Hunderte Morddrohungen, quasi täglich. Tausende, seit dieser Prozess begonnen hat.« Schon vor ihrer Niederlage zeigte ihr Fall auf, was mögliche Missbrauchs-Opfer, die sich zu Wort melden, erleben und wie sie in den sozialen Medien an den Pranger gestellt werden können.
Für Depp ist dies nun der erste Sieg in dem langjährigen Rosenkrieg, nach einer Niederlage in London vor zwei Jahren. Dort hatte er gegen das britische Boulevardblatt »Sun« geklagt, das ihn in einem Artikel als Frauenschläger (»wife beater«) bezeichnet hatte. Auch damals hatten sich Depp und Heard wochenlang vor Gericht mit heftigen Vorwürfen überzogen, hinter verschlossenen Türen. Am Ende befand 2020 ein Richter, dass die meisten Vorwürfe in dem Artikel sich als wahr erwiesen hätten.
Zweikampf vor den Augen der Weltöffentlichkeit
Ein wichtiger Unterschied: Jetzt war es ein Zweikampf vor den Augen der Weltöffentlichkeit, von Kameras übertragen. Depp konnte sich im Rampenlicht inszenieren, auch mit prominenter Unterstützung seiner Ex-Freundin Kate Moss. Das britische Supermodel sagte für ihn per Videoschalte aus.
Mit Moss war Depp in den 1990er Jahren mehrere Jahre zusammen, auf ihre Trennung folgte eine langjährige Beziehung mit der französischen Schauspielerin Vanessa Paradis, mit der er zwei erwachsene Kinder hat. 2015 heirateten Depp und Heard, doch nach nur 15 Monaten Ehe reichte die Schauspielerin die Scheidung ein, nach Vorwürfen von häuslicher Gewalt.
Reaktionen in Hollywood
In Hollywood ist man mit Reaktionen auf das Urteil noch eher zurückhaltend. Das Model Naomi Campbell kommentierte auf Instagram ein Statement von Johnny Depp mit vier roten Herzen. Ähnlich reagierte auch die Schauspielerin Ashley Benson (»Pretty Little Liars«). Sie postete Emojis von klatschenden Händen und Herzchen.
Sharon Osbourne, Ehefrau von Black-Sabbath-Sänger Ozzy Osbourne, äußerte sich überrascht. »Wow, das war nicht, was ich erwartet habe. Ich meine, ich wollte, dass Johnny gewinnt, aber ich habe nicht damit gerechnet«, sagte sie Berichten zufolge in der TV-Show des britischen Moderator Piers Morgan.
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