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Geistliche Gastarbeiter - Kirche setzt auf Priester aus dem Ausland

Mössingen - Das schwäbische Mössingen ist für Donatien Beya eine ganz andere Welt. Seit drei Jahren ist der Kongolese dort Priester. Er gehört zu den »Gastarbeitern«, die den Nachwuchsmangel der katholischen Kirche ausgleichen sollen. Doch die kulturellen Hürden sind hoch.

Der aus dem Kongo stammende katholische Priester Donatien Beya sitzt in der Kirche Mariä Himmelfahrt in Mössingen. Beya arbeitet
Der aus dem Kongo stammende katholische Priester Donatien Beya sitzt in der Kirche Mariä Himmelfahrt in Mössingen. Beya arbeitet in der Seelsorgeeinheit Steinlach-Wiesaz. Foto: dpa
Der aus dem Kongo stammende katholische Priester Donatien Beya sitzt in der Kirche Mariä Himmelfahrt in Mössingen. Beya arbeitet in der Seelsorgeeinheit Steinlach-Wiesaz. Foto: dpa
Ein deutscher Priester würde einem dezent die Hand geben und »Grüß Gott« sagen. Donatien Beya nimmt seine Besucher in den Arm, drückt sie an sich, berührt sie dreimal an der Wange, schüttelt ihnen die Hand, dann noch ein Gebet, ein gemeinsames Vaterunser und ein Segen. Jetzt kann das Interview losgehen.

Im Kongo, woher Beya stammt, begrüßen sich Bekannte so. »Das bedeutet: Ich empfange Dich als Bruder oder Schwester im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes - deswegen berührt man sich dreimal an der Wange«, erklärt er. In Mössingen, einer eher konservativen Kleinstadt am Rande der Schwäbischen Alb, ist eine solche Begrüßung allemal ungewöhnlich. Seit drei Jahren ist der afrikanische Geistliche dort für eine katholische Gemeinde zuständig.

Er ist einer von rund 1700 Geistlichen aus dem Ausland, mit denen die katholische Kirche den Priestermangel in Deutschland bekämpft. Das bringt frischen Wind - aber auch Probleme mit sich. In der Diözese Rottenburg-Stuttgart ist inzwischen jeder vierte aktive Priester Ausländer. Sie stammen vor allem aus Indien, dem Kongo oder aus Nigeria. In vielen Bistümern gerade in Süddeutschland sieht es ähnlich aus. Die meisten bleiben für sieben bis zehn Jahre.

Das hat weitreichende Folgen für die Kirche hierzulande, sagt Jochen Werner, der in Rottenburg-Stuttgart für die ausländischen Priester zuständig ist. Denn in Deutschland herrschen nicht nur andere Begrüßungsrituale, man trauert auch anders und heiratet anders. Die Stellung der Frauen unterscheidet sich und auch Geistliche genießen ein anderes Ansehen. Diese kulturellen Unterschiede könnten mal besser und mal schlechter überwunden werden, sagt Werner. »Es gibt auch Gemeinden die sagen: Muss es denn schon wieder ein ausländischer Priester sein?«

Vor drei Jahren hat Beya von seinem Bischof den Auftrag bekommen, nach Deutschland zu gehen. Damit die Hürden schnell abgebaut werden, wartet auf die Priester in Württemberg ein Crashkurs in deutscher Sprache und Kultur. "Wir arbeiten am Anfang viel mit Bibeltexten, denn die sind den Priestern inhaltlich vertraut", erklärt Helena Schaal, Trainerin in der Sprachenschule Vivat Lingua in Tübingen, die den Priester-Kurs entworfen hat. "Später schreiben wir deutsche Predigten und üben in Rollenspielen, wie man zum Beispiel nach einem "Todesfall Gespräche mit den Hinterbliebenen führt."

Auch die deutsche Pünktlichkeit sei einigen Priestern aus dem Ausland fremd, erzählt die 28-Jährige. »Da mussten wir schon klar machen: Wenn eine Beerdigung in Deutschland um 14.00 Uhr ist, dann sollte der Priester nicht erst 45 Minuten später kommen.«

Beya ist mit seiner Herzlichkeit, seiner Lebensfreude und seinem Gottvertrauen schnell in seiner Gemeinde in Mössingen angekommen. Am Anfang hat er im Gottesdienst kleine Gebete auf Deutsch vorgelesen. Später betete er dann jede Woche den Rosenkranz mit einer kleinen Gruppe, die sich an seinem gebrochene Deutsch nicht störte. Seine ersten Predigten schrieb er im Sprachkurs. »Es tat mir sehr gut, dass ich so herzlich in der Gemeinde aufgenommen wurde«, erzählt der 43-Jährige.

Auch die Gemeinden könnten profitieren, ist Werner überzeugt. »Oft gelingt es auch gerade den ausländischen Priestern durch ihre Herzlichkeit, einen Zugang zu den Menschen zu finden.« Trotzdem ist ihr Einsatz aus der Not geboren, gibt eine Studie für die Deutsche Bischofskonferenz unumwunden zu. Gäbe es den Priestermangel nicht, würde wohl kaum ein Personaldezernent im Ausland nach geeigneten Kandidaten suchen, heißt es dort.

Einige Diözesen wie Freiburg haben sich wegen der sprachlichen und kulturellen Probleme sogar entschieden, weitgehend auf ausländische Priester zu verzichten. Sie setzen auf deutsche Pastoral- und Gemeindereferenten - also auf studierte Theologen, die aber ohne Priesterweihe nicht alle Sakramente spenden dürfen.

Donatien Beya freut sich, jetzt in Deutschland zu sein, auch wenn ihm manches an der Kultur noch immer fremd ist. Die Gemeinde und die Sprachenschule bezeichnet der Priester längst als seine Familie. Und er betont: »Wo Gott mich hinsendet, da fühle ich mich zu Hause.«