Bis vier Uhr in der Früh dauert die Party im niederländischen Ede. Die vier Mitarbeiter der Kneipe »Petticoat« räumen noch auf, als plötzlich ein Mann vor ihnen steht - bewaffnet mit Messern. Die Polizei ist schnell zur Stelle. Schwer bewaffnete Einsatzkräfte riegeln das Zentrum ab. Es folgen sieben bange Stunden. Dann werden die Geiseln freigelassen, der 28-jährige mutmaßliche Täter stellt sich. Am Dienstag soll er dem Haftrichter vorgeführt werden.
Doch auch Tage nach dem Drama von Ede am Karsamstag gibt es viele Fragen: Was war das Motiv des Geiselnehmers? Warum kam er ausgerechnet in die populäre Kneipe in der Kleinstadt etwa 30 Autominuten von der deutschen Grenze entfernt?
Mann wegen Bedrohung vorbestraft
Bekannt ist: Der Mann stammt aus Ede und ist wegen Bedrohung vorbestraft. Das teilte die Staatsanwaltschaft mit. Weitere Einzelheiten dazu gibt es vorerst nicht. Die Mitarbeiter der Kneipe kannten ihn aber nicht. So schreiben sie es in einer veröffentlichten Erklärung. Sie rufen auch dazu auf, keine Gerüchte über die Tat in den sozialen Medien zu verbreiten. »Das führte bei Opfern, den betroffenen Familien und Freunden zu großer Unsicherheit und Angst.« Die Ermittlungen müssten nun »die Wahrheit ans Licht bringen«.
Das Geiseldrama begann gegen fünf Uhr früh am Samstag. Der Mann bedrohte die vier Mitarbeiter mit Messern, wie die Oberstaatsanwältin Marthyne Kunst später den Tathergang schilderte. Er hatte einen schwarzen Rucksack dabei und drohte mit Sprengstoff. Doch ein Sprengstoffroboter gab später Entwarnung.
Lange war die Lage unklar - bis gegen Mittag die ersten Geiseln freigelassen wurden. Schließlich gab auch der Geiselnehmer auf. Auf Videos war zu sehen, wie der maskierte Mann mit erhobenen Händen das Gebäude verlässt und abgeführt wird.
Kein terroristischer Hintergrund
Einen terroristischen Hintergrund schließen die Ermittler aus. Aber das Motiv des Mannes ist unklar. »Dazu werden wir nun ausführliche Ermittlungen anstellen, ebenso wie zur psychischen Verfassung des Tatverdächtigen«, sagte die Oberstaatsanwältin.
Die Polizei konnte das Geschehen am Tatort teilweise live über eine Video-App verfolgen. Bilder der Sicherheitskamera in der Kneipe waren auf das Handy des Kneipenbesitzers übertragen worden. Er hatte auch sehr früh auf seinem Handy gesehen, dass die Mitarbeiter bedroht wurden und sofort die Polizei informiert.
»Wir waren innerhalb von zwei Minuten vor Ort, die Lage schien sehr ernst zu sein«, sagte Anne Jan Oosterheert, Einsatzleiter der Polizei. »Es war die Rede von Sprengstoff, und es waren Messer gesehen worden.« Das Gebiet wurde abgeriegelt. Hunderte Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen, Scharfschützen nahmen auf den Dächern ihren Platz ein.
Bürgermeister René Verhulst sprach von einer »schrecklichen Situation« für die Geiseln. »Es war, als ob wir in einem schlechten Film gelandet waren.«
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