Es ist keine feine Adresse, an der Harvey Weinstein am Samstag (19. März) seinen 70. Geburtstag erleben wird.
Nur rund zehn Kilometer östlich von Hollywood, aber unendlich weit von seiner früheren Glamour-Welt entfernt sitzt der Ex-Filmproduzent derzeit im »Twin Towers«-Gefängnis in einem schäbigen Viertel von Los Angeles ein. Hinter der siebenstöckigen fensterlosen Fassade sind offiziellen Angaben zufolge derzeit insgesamt rund 2800 Häftlinge untergebracht.
Erleichterung über Weinstein-Urteil
Der einst reiche und mächtige Hollywood-Mogul, der mit seiner Firma Erfolgsfilme wie »Der englische Patient«, »Pulp Fiction«, »Good Will Hunting« oder »Gangs of New York« produzierte und für »Shakespeare in Love« selbst einen Oscar gewann, ist tief gefallen. Im März 2020 verurteilte ein New Yorker Richter Weinstein wegen Sexualverbrechen zu 23 Jahren Haft, nachdem ihm eine Jury zuvor unter anderem wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung schuldig gesprochen hatte. Die Strafe sei eine »Warnung an alle Sexualstraftäter und gewalttätigen Partner in allen Bereichen der Gesellschaft«, sagte der damalige Bezirksstaatsanwalt Cyrus Vance. Zahlreiche der insgesamt mehr als 80 Frauen, die Weinstein sexuelle Übergriffe vorwerfen, zeigten sich dankbar und erleichtert.
Die Vorwürfe gegen Weinstein, veröffentlicht erstmals im Herbst 2017 von der »New York Times« und dem Magazin »New Yorker«, lösten die MeToo-Bewegung aus. Überall auf der Welt erkannten viele Frauen und auch einige Männer ihre eigenen Geschichten in denen der mutmaßlichen Weinstein-Opfer wieder - sie begannen, diese Geschichten unter dem Schlagwort »Me too« (»Ich auch«) zu sammeln. Im Zuge der MeToo-Bewegung haben inzwischen auch schon weitere prominente und einflussreiche Menschen ihre Jobs verloren oder wurden angeklagt, wie etwa der Comedian Bill Cosby.
Firma pleite, geschieden und ohne Freunde
Der 1952 im New Yorker Stadtteil Queens in eine wohlhabende Familie hineingeborene Weinstein, der wegen gesundheitlicher Probleme inzwischen meist im Rollstuhl sitzt, hat viele der Vorwürfe zurückgewiesen und vor Gericht in New York auch sein Schuldbewusstsein betont. »Ich fühle große Reue gegenüber allen Frauen.« Retten konnte der fünffache Vater damit wenig. Seine zweite Ehefrau, die Mode-Designerin Georgina Chapman, hat sich von ihm scheiden lassen, die vielen prominenten Freunde, mit denen sich der Ex-Produzent einst öffentlich zeigte, haben sich so gut wie alle von ihm distanziert, und seine Firma ist pleite.
Zudem sind seine juristischen Kämpfe noch nicht vorbei. In Los Angeles wurde er ebenfalls wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung angeklagt. Im Juli 2021 wurde er deswegen von einem Gefängnis im Bundesstaat New York in die Einrichtung in Los Angeles überführt, wo er derzeit einsitzt. Er warte dort auf seinen nächsten Prozess, sagte sein Anwalt Mark Werksman der Deutschen Presse-Agentur.
Insasse Nummer 6217733
Elf Anklagepunkte liegen vor, unter anderem wegen Vergewaltigung. Insgesamt dreht sich das Verfahren um Vorwürfe von fünf Frauen, die den Zeitraum von 2004 bis 2013 betreffen. Der Ex-Produzent hat auf »nicht schuldig« plädiert - blitzte aber mit einem Antrag auf Fallenlassen der Anklage bereits ab. Die nächste Anhörung ist für Anfang Mai vorgesehen. Der Prozessauftakt könnte noch in diesem Jahr folgen.
Bis dahin bleibt Weinstein die Nummer 6217733 im Insassenverzeichnis des »Twin Towers«-Gefängnisses: graue Haare, 1,82 Meter groß, 113 Kilogramm schwer, wie es auf der Webseite der Behörde heißt. Über sein Befinden dringt nur wenig an die Öffentlichkeit. Jeder Person in ihrem Gewahrsam stünden unter anderem medizinische Versorgung, Hofgang, Anrufe, Duschen und Verpflegung zu, teilte die Gefängnisleitung auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur knapp mit. Zwei halbstündige Besuche pro Woche seien erlaubt.
Streng untersagt sind dabei Mitbringsel wie etwa Süßigkeiten. Doch genau das brachte Weinstein kürzlich in die Schlagzeilen, als Wärter nach einem Anwaltsbesuch mit Karamell gefüllte Schokoladen-Bonbons bei dem Ex-Filmproduzenten fanden und konfiszierten, wie das Branchenblatt »Variety« berichtete. »Das wird nicht wieder vorkommen«, entschuldigte sich Weinstein. Er befolge die Regeln und Vorschriften und sei ein »Musterhäftling«.
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