Nach dem Untergang der Luxusjacht »Bayesian« vor der italienischen Mittelmeerinsel Sizilien gibt es praktisch keine Hoffnung auf Überlebende mehr. Im Inneren des Segelbootes in etwa 50 Metern Tiefe wurden am Mittwoch die Leichen von fünf der sechs Vermissten von Spezialtauchern ausfindig gemacht. Darunter sind auch zwei Ehepaare, die auf Einladung des britischen Milliardärs Mike Lynch an Bord waren. Der 59-Jährigen und seine erst 18 Jahre alte Tochter Hannah wurden aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls getötet.
Die Behörden gaben am Abend die Identität von vier Todesopfern bekannt, die geborgen werden konnten. Die Leichen von Vater und Tochter Lynch befinden sich vermutlich noch in ihren Kabinen im Unterdeck, die nur schwer zu erreichen sind. Bei Anbruch der Dunkelheit musste die Suche unterbrochen werden. Am Nachmittag hatten der italienische Fernsehsender Rai und mehrere britische Medien berichtet, dass der Milliardär gefunden worden sei.
Hergang noch immer ungeklärt
Als erstes von vermutlich sieben Todesopfern war bereits am Montag der Schiffskoch im Wasser entdeckt worden. 15 Menschen haben das Unglück, das sich am Montag nur eine halbe Seemeile - etwa 900 Meter - entfernt vom Ufer ereignet hatte, überlebt.
Der genaue Hergang ist noch immer nicht geklärt. Der verletzte Kapitän der »Bayesian« wurde von der italienischen Polizei stundenlang verhört. Die Zeitung »La Repubblica« zitierte ihn mit den Worten: »Wir haben es nicht kommen sehen.« Allerdings gibt es auch Zweifel an dieser Darstellung.
Taucher suchen nach Todesopfern
Das gesunkene Schiff ist nach Angaben der Feuerwehr auf dem Meeresgrund zur Seite gekippt, was die Suche nach den Todesopfern erheblich erschwerte. Dabei kam auch ein Tauchroboter zum Einsatz. Die 56 Meter lange »Bayesian« war am frühen Montagmorgen bei einem schweren Unwetter vor dem Hafen von Porticello unweit der Inselhauptstadt Palermo gesunken - angeblich innerhalb von 60 Sekunden.
Experten rätseln immer noch, wie das geschehen konnte. Spekuliert wurde über eine offen gelassene Luke während einer Monsterwelle oder ein falsch eingestelltes Schwert am Rumpf, mit dem der Tiefgang des Schiffes reguliert werden kann.
Luxusjacht erst 2020 gründlich renoviert
Die 15 Jahre alte Luxusjacht war erst 2020 gründlich renoviert worden. Das Schiff war mit einem System ausgestattet, das den Tiefgang mehr als halbieren konnte: Unter normalen Segelbedingungen hatte es eine Kieltiefe von annähernd zehn Metern, wenn das bewegliche Schwert vollständig ausgefahren war. Damit konnten die Gegenkräfte des 75 Meter hohen Mastes ausgeglichen werden. Der Tiefgang konnte jedoch auf etwa vier Meter reduziert werden - beispielsweise, um in einen Hafen zu kommen. Möglicherweise wurde das nun zum Verhängnis.
Lynch wird von Boulevardmedien in seiner Heimat gern als »britischer Bill Gates« bezeichnet. Der Tech-Unternehmer hatte die Softwarefirma Autonomy 2011 für elf Milliarden US-Dollar (aktuell 9,94 Mrd Euro) an den US-Konzern Hewlett-Packard verkauft - eines der schlimmsten Übernahme-Debakel im Silicon Valley.
Lynch und dem früheren Finanzmanager Steve Chamberlain, der kürzlich beim Joggen tödlich von einem Auto erfasst wurde, wurde zur Last gelegt, Hewlett-Packard über den finanziellen Zustand des Unternehmens getäuscht zu haben. Ein Geschworenengericht in San Francisco sprach die beiden jedoch frei.
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