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Einigung bei der BBC: Gary Lineker setzt sich durch

Wie viel Meinung ist erlaubt? Tagelang hat ein Streit um Ex-Fußballer Lineker die öffentlich-rechtliche BBC und Großbritannien in Atem gehalten. Nun verkünden beide Seiten eine Lösung.

Gary Lineker
Gary Lineker wird weiter für die BBC moderieren. Foto: Lucy North
Gary Lineker wird weiter für die BBC moderieren.
Foto: Lucy North

Fußball-Moderator Gary Lineker hat sich im Streit mit der BBC um freie Meinungsäußerung durchgesetzt und kehrt auf den TV-Bildschirm zurück. »Nach ein paar surrealen Tagen freue ich mich, dass wir einen Weg gefunden haben«, twitterte der englische Ex-Nationalspieler am Montag. Als nächstes soll er am kommenden Samstag beim FA-Cup-Viertelfinale zwischen dem englischen Meister Manchester City und Zweitliga-Spitzenreiter Burnely zu sehen sein. BBC-Generaldirektor Tim Davie zeigte sich ebenfalls erfreut.

Teil der Einigung ist offenbar, dass die BBC eine unabhängige Untersuchung ihrer Social-Media-Vorschriften für Beschäftigte einleitet. Davie räumte ein, dass »Grauzonen« für Verwirrung gesorgt hätten. Zugleich betonte er, Lineker werde sich während der Prüfung »an die redaktionellen Richtlinien halten«.

Hat sich die BBC dem Druck der Regierung gebeugt?

Lineker hatte am vergangenen Dienstag getwittert, die Rhetorik der konservativen britischen Regierung sei »der von Deutschland in den 1930er-Jahren nicht unähnlich«. Die BBC wertete dies als Verstoß gegen ihre strikten Neutralitätsregeln und suspendierte den beliebten Moderator. Daraufhin verweigerten mehrere prominente Moderatoren und Kommentatoren ihrerseits die Arbeit, in der sonst von Lineker geleiteten Flaggschiff-Sendung »Match of the Day« wurden lediglich Spielszenen ohne Kommentar gezeigt. Kritiker warfen der BBC vor, sich dem Druck der Regierung zu beugen, nachdem sich Premierminister Rishi Sunak und Innenministerin Suella Braverman empört gezeigt hatten.

Nun wurde der öffentliche Druck offenbar zu groß. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Yougov stellte sich eine klare Mehrheit hinter Lineker. Auch prominente rechtskonservative Stimmen hatten kritisiert, die Suspendierung stelle eine unzulässige Einmischung in die Meinungsfreiheit dar.

Lineker will auch weiterhin seine Meinung äußern

BBC-Generaldirektor Davie beteuerte hingegen, der Schritt sei richtig gewesen. »Ich habe immer gesagt, dass wir angemessene Maßnahmen ergreifen müssen«, sagte Davie in einem Interview mit dem BBC-eigenen Medienkorrespondenten. »Übrigens haben wir aus Sicht einiger Leute zu strenge Maßnahmen ergriffen, andere denken, dass wir zu nachsichtig sind.« Davie war wegen des Falls intern in die Kritik geraten und musste sich in dem BBC-Interview vorwerfen lassen, kein Gespür für die Beschäftigten zu haben. »Jeder erkennt an, dass dies eine schwierige Zeit für Mitarbeiter, Mitwirkende, Moderatoren und vor allem unser Publikum war«, sagte er. »Ich entschuldige mich dafür.«

Lineker deutete an, dass er weiterhin seine Meinung äußern wird. »So schwer die letzten Tage auch waren, es ist einfach nicht vergleichbar damit, vor Verfolgung oder Krieg aus seiner Heimat fliehen zu müssen, um in einem weit entfernten Land Zuflucht zu suchen«, twitterte der einstige Stürmer. Die Empathie von Kollegen und Zuschauern sei »herzerwärmend« gewesen.

Zugleich signalisierte der Star-Moderator, der »Match of the Day« seit 2009 präsentiert, nach der Einigung Unterstützung für den Generaldirektor. »Er hat einen fast unmöglichen Job, alle glücklich zu machen, besonders im Bereich der Unparteilichkeit«, twitterte der 62-Jährige. Davie gab das Lob zurück. »Gary ist ein geschätzter Teil der BBC, und ich weiß, wie viel die BBC für Gary bedeutet, und ich freue mich darauf, dass er am kommenden Wochenende unsere Berichterstattung präsentiert«, sagte er. Mit 1,35 Millionen Pfund (1,53 Millionen Euro) Jahresgehalt ist Lineker der bestbezahlte BBC-Moderator.

Wie geht es weiter mit Aufsichtsratschef Richard Sharp?

Endgültig gelöst ist der Fall aber noch nicht. Denn im Zuge der Lineker-Debatte rückte auch die Personalie des BBC-Aufsichtsratschefs Richard Sharp wieder stärker in den Fokus. Premierminister Sunak distanzierte sich von dem 67-Jährigen, der einst sein Chef bei der Investmentbank Goldman Sachs war und von ihm in seiner Zeit als Finanzminister als Berater angeheuert worden war. Es sei richtig, dass Sharps Ernennung durch den damaligen Premierminister Boris Johnson erneut unabhängig geprüft werde, sagte Sunak auf einem Flug in die USA. Sharp hatte kurz vor seiner Ernennung durch Johnson dem Regierungschef geholfen, einen Privatkredit über 800 000 Pfund an Land zu ziehen. Beide weisen Vetternwirtschaft zurück.

Die Opposition forderte am Montag erneut Sharps Rauswurf. Dessen Position werde zunehmend unhaltbar, sagte der Chef der Labour-Partei, Keir Starmer. Viele Menschen würden sich fragen, warum Sharp noch immer im Amt sei, Lineker aber vorübergehend nicht. Starmers Parteikollegin Lucy Powell sagte: »Die Tory-Regierung will die BBC seit langem unterminieren.« Die andauernde Unsicherheit mache den Sender »anfällig für politische Kampagnen, die von Ministern, Abgeordneten und der rechten Presse orchestriert werden«.

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