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Ein Jahr Flut - Gottesdienst, Glockengeläut und Gedenken

Das extreme Hochwasser im Ahrtal hat mindestens 134 Menschen in den Tod gerissen. Am Jahrestag kommen vielerorts Anwohner im Zeichen der Trauer und Hoffnung zusammen.

Erinnerung
»Unvergessen. Inge und alle anderen Opfer« steht auf einem weißen Papierschmetterling, den eine Frau vor der Kirche in Schuld an einen weißen Ballon gebunden hat um ihn in die Luft steigen zu lassen. Schuld war von den Wassermassen extrem stark zerstört worden. Foto: Boris Roessler
»Unvergessen. Inge und alle anderen Opfer« steht auf einem weißen Papierschmetterling, den eine Frau vor der Kirche in Schuld an einen weißen Ballon gebunden hat um ihn in die Luft steigen zu lassen. Schuld war von den Wassermassen extrem stark zerstört worden.
Foto: Boris Roessler

Mindestens 134 Menschen hat die Flut am 14. und 15. Juli 2021 im Ahrtal getötet - ein Jahr später war der Freitag der Tag des dezentralen Gedenkens im immer noch teilzerstörten Flusstal. Dazu gehörte ein ökumenischer Gottesdienst, den der katholische Trierer Bischof Stephan Ackermann und der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, feierten. Sie predigten in Ahrbrück vor rund 250 Menschen auf einer Wiese der Auferstehungskapelle. Diese war seinerzeit von dem extremen Hochwasser nur knapp verschont geblieben, während große Teile des Dorfes verwüstet wurden.

Präses Latzel sagte laut Redemanuskript: »Die Flut hat Menschen getötet, Häuser weggerissen, Lebenspläne zerstört. Und sie hat bei vielen Betroffenen tiefe Spuren hinterlassen.« Nun gelte es, Hoffnung neu zu lernen.

Bischof Ackermann ergänzte: »Menschen haben das Tal traumatisiert, resigniert, unter Abschiedsschmerz verlassen.« Für andere sei klar: »Das ist meine Heimat, begnadet, gesegnet – trotz allem.« Die Flutzerstörung sei sinnlos gewesen. Doch es sei der tiefste Grund seiner persönlichen Hoffnung, »dass Gott auch das Sinnlose und Schlechte uns zugute wenden wird«.

Latzel betonte laut Redemanuskript: »Gott will sich von uns finden lassen. Und Gott tut dies, indem er uns findet. Etwa in der Hilfe anderer Menschen.«

Mehrere Gedenkveranstaltungen im Ahrtal

An vielen Orten im Ahrtal waren am Freitag lokale Gedenkveranstaltungen geplant. Dazu gehörte zum Beispiel eine Zusammenkunft von Hunderten Bürgern in Heppingen, einem Stadtteil von Bad Neuenahr-Ahrweiler. An einer neu errichteten Notbrücke über der Ahr waren viele Kerzen zum Gedenken an die Flut und ihre Todesopfer aufgereiht. Nach einer Schweigeminute ergriffen die Bürger ein langes rotes Seil als Zeichen ihrer Verbundenheit, um zum örtlichen Bürgerhaus zu einer Gedenkfeier zu gehen.

Michael, der seinen Nachnamen nicht nennen wollte, sagte: »Alleine hier in Heppingen sind sechs Menschen gestorben.« Zum Gedenken seien auch viele Bürger aus dem Dorf gekommen, die ihre vier Wände in der Flut verloren und noch weiter weg in Ausweichquartieren wohnten. »Die wollen hier das Gemeinschaftsgefühl erleben«, ergänzte Anwohner Michael.

»Als Zeichen der gemeinsamen Trauer und Hoffnung« sollten laut der Kreisverwaltung Ahrweiler am frühen Freitagabend vielerorts im Ahrtal auch die Kirchenglocken läuten. Zudem waren lange Menschenketten vorgesehen. Den symbolischen Auftakt dazu hatten bei der zentralen Gedenkfeier für das Flusstal schon am Donnerstag die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD), Landrätin Cornelia Weigand (parteilos) und der Bürgermeister von Bad Neuenahr-Ahrweiler, Guido Orthen (CDU), gemacht. Auch sie hielten sich auf einer Bühne an den Händen.

© dpa-infocom, dpa:220715-99-29394/4