KARLSRUHE. Mutmaßliche Linksextremisten haben auch an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) Drohbriefe mit Patronenhülsen verschickt. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus Sicherheitskreisen, nachdem zuerst der »Spiegel« darüber berichtet hatte.
Demnach erhielten auch 14 Landesinnenminister, Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang und das Bundesverfassungsgericht in den vergangenen Monaten Drohschreiben. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ermittelt wegen der Vorfälle schon länger gegen eine Gruppierung, die sich Revolutionäre Aktionszellen (RAZ) nennt. Sie wird als Terrorvereinigung eingestuft.
Zuletzt hatten die RAZ nach dem Fund von Brandsatz-Bestandteilen vor der Villa des Fleischunternehmers Clemens Tönnies Ende August ein Bekennerschreiben verschickt. Die Gruppe bezichtigte sich auch, in der Nacht auf den 2. August Brandsätze an der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg abgelegt zu haben. Einer dieser Brandsätze war angezündet worden, aber von selbst wieder ausgegangen.
Laut »Spiegel« gingen diesen Vorfällen vier Wellen mit insgesamt mehr als 30 Drohschreiben voraus, denen Reizstoffpatronen, kleine Küchenmesser oder brennbare Flüssigkeiten samt Anzünder beilagen.
Einer der ersten Briefe ging Ende 2019 an die umweltpolitische Sprecherin der FDP im Bundestag, Judith Skudelny, die das damals auf Facebook öffentlich machte. Auch die umweltpolitischen Sprecher anderer Fraktionen und Kretschmanns Wahlkreisbüro waren betroffen. Ende März gingen die nächsten Briefe unter anderem an Seehofer, das Bundesverfassungs- und das Bundesarbeitsgericht. Die dritte Welle wurde um Ostern verschickt, wieder an Skudelny und Umweltpolitiker. Die vierte Welle mit 17 Briefen traf dann im Mai Seehofer, Haldenwang, das Verfassungsgericht und die Landesinnenminister.
Unklar ist bislang, wie die neuen Drohschreiben mit einer älteren Gruppe namens Revolutionäre Aktionszellen zusammenhängen, gegen die die Bundesanwaltschaft 2013 schon einmal mit Durchsuchungen in mehreren Bundesländern vorgegangen war. (dpa)