Dresden (dpa) - Einen Monat nach dem spektakulären Einbruch in das Historische Grüne Gewölbe in Dresden und dem Diebstahl unschätzbar wertvoller Juwelen gibt es weiter keinen Fahndungserfolg.
Die Sonderkommission »Epaulette«, benannt nach einem der gut zwei Dutzend erbeuteten barocken Schmuckstücke aus Diamanten und Brillanten, arbeitet auf Hochtouren. »Sie hat noch keine heiße Spur«, sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. Unter den geprüften der bisher rund 1100 Hinweise aus dem In- und Ausland sei der entscheidende noch nicht gewesen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft gehen weiter viele Informationen ein, die - wie die mehr als 700 Spuren von drei Tatorten - nun ausgewertet werden. »Es ist eine Puzzlearbeit«, sagte Sprecher Jürgen Schmidt.
Zwei Unbekannte waren am frühen Morgen des 25. November mit Gewalt in das berühmte Schatzkammermuseum des 18. Jahrhunderts im Erdgeschoss des Residenzschlosses eingedrungen. Sie hatten ein Fenstergitter durchtrennt, das Fenster herausgestemmt, im Juwelenzimmer mit einer Axt Löcher in die Vitrine mit den prächtigsten Stücken gehakt und zugegriffen. Der Coup, der auch international Schlagzeilen machte, dauerte nur wenige Minuten. Als die Polizei eintraf, waren Diebe und Beute verschwunden.
Das Museum bleibt nach wie vor »bis auf weiteres« geschlossen, wie ein Sprecher der Staatlichen Kunstsammlungen (SKD) sagt. Abstimmungen zum Sicherheitskonzept und daraus resultierende Maßnahmen mit staatlicher Baubehörde und Landeskriminalamt liefen noch. Außerdem müssen die von den Tätern zurückgelassenen Stücke in der betroffenen Vitrine aufwendig restauriert werden. Die Einbrecher hatten sie mit Löschpulver besprüht, um ihre DNA zu verwischen.
»Wir haben zwei Ziele: den Schatz wieder zu bekommen und die Täter zu ermitteln«, betonen Polizei und Staatsanwaltschaft. Das Hinweistelefon ist auch über die Feiertage durchgängig besetzt - und nach wie vor gibt es auf Veröffentlichungen der Behörden zu dem Fall stets Resonanz. Auch im Ausland. Nach Angaben des Polizeisprechers hat ein Asiate, der das Museum in der Zeit besucht hatte, seinen Ausweis geschickt, »um auszuschließen, dass er in Verdacht gerät«.
Die Soko steht auch mit den Berliner Kollegen in Kontakt, um einen Zusammenhang zum Diebstahl der 100 Kilo schweren Goldmünze aus dem Bode-Museum 2017 in Berlin abzugleichen. Er wird kriminellen Mitgliedern eines arabischen Clans in der Hauptstadt zugeschrieben. »Die Parallelen zum Überfall im KaDeWe und dem Einbruch ins Bode-Museum sind leicht erkennbar, dafür muss man nicht Kriminalist sein«, sagte Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik. Verbindungen seien aber weiter Spekulation. Das Berliner LKA habe einen national und international ausgewiesenen Experten für das Phänomen Kunstdelikte.
Die Dresdner Behörden machen zum Inhalt ihrer Ermittlungen keine Aussagen, gehen angesichts von insgesamt vier Tätern - zwei fuhren das später in Brand gesetzte Fluchtauto - aber von einer Bande aus. Ob die ausgesetzte Belohnung von 500 000 Euro schon Folgen hatte oder die vergangenen Woche von einem Privatdetektiv aus Norddeutschland avisierte Offerte, sagte der Polizeisprecher nicht. »Das Angebot hat uns überrascht.« Man hätte sich einen Kontakt mit dem Mann gewünscht. »Die Zielrichtung ist nicht, den Schmuck zurückzukaufen.«
Der anonyme Kunstmäzen aus dem deutschsprachigen Raum will den Tätern 1,3 Millionen Euro zahlen, wenn sie die Beute unversehrt herausgeben. Die Arbeit der 40-köpfigen Soko beeinträchtigt das laut Polizei nicht. Sie ist nach wie vor ambitioniert. »Es gibt ja hier keinen vergleichbaren Fall«, sagte der Polizeisprecher. Die Ermittlungen, bei denen sich immer wieder neue Fragen stellten und nur Fakten zählten, seien eine Sache von Wochen, Monaten, »wenn nicht Jahren«.
Den SKD ist vor allem daran gelegen, dass die gestohlenen Kunstwerke irgendwann an ihren Platz zurückkehren, wie Sprecher Stephan Adam erklärt. »Wir hoffen weiter, dass wir sie wiederbekommen.« Kunstmarktdetektiv Willi Korte indes würde das für »ein Wunder« halten. Auch angesichts ihres Vorgehens geht er davon aus, dass die Täter es auf die Juwelen abgesehen und schon Kontakte zum Absatz hatten. Sollte der Schmuck noch unversehrt sein, braucht es einen Anreiz in mehrstelliger Millionenhöhe. »Die Belohnung ist lächerlich, denn es besteht das Risiko, bei der Übergabe geschnappt zu werden.«