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Aktuell INTERVIEW

Der Weg in eine angstfreie Welt

Psychologin Jennifer Subke, Begründerin der Traumaorientierten Körperzentrierten Hypnose, über ihre Arbeit

Durch Hypnose macht Jennifer  Subke mit ihren Klienten Reisen zu den Ursprüngen ihrer Ängste.  FOTO: ADOBE STOCK
Durch Hypnose macht Jennifer Subke mit ihren Klienten Reisen zu den Ursprüngen ihrer Ängste. FOTO: ADOBE STOCK
Durch Hypnose macht Jennifer Subke mit ihren Klienten Reisen zu den Ursprüngen ihrer Ängste. FOTO: ADOBE STOCK

TRAUNSTEIN. Wie verteidigt sich ein Hase gegen einen Löwen? Wahrscheinlich gar nicht. Seine einzige Chance: Er muss fliehen. Erstarrt er aus Angst, hat er womöglich schon verloren. Bei Jennifer Subke, Psychologin und Begründerin der Traumaorientierten Körperzentrierten Hypnose, sind es Säbelzahntiger, die ihren Klienten das Leben schwer machen. Natürlich aber nur sinnbildlich gesprochen. Denn meist sind es Themen wie Ängste und innere Unruhe, die Menschen zu Subke führen. In Seminaren am bayrischen Chiemsee und online gibt die 29-Jährige psychologisch-begleitende Sitzungen, wozu sie Hypnose, Körperübungen und Traumaarbeit verwendet. Parallel begleitet Subke so maximal acht Klienten, um in der Tiefe für diese durch Qualität anstatt Quantität da sein zu können. In in ihren Coachings hilft sie, Traumata zu überwinden.

Im GEA-Interview erzählt Jennifer Subke über ihre Arbeit und gibt Ratschläge, was gegen Ängste und innere Unruhe wirklich hilft.GEA: Frau Subke, Sie begegnen täglich Menschen, die psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Was unterscheidet ihre Herangehensweise im Vergleich zu der eines Arztes für Psychotherapie?

Jennifer Subke: Wer den normalen Weg der Psychotherapie geht, muss in der Regel meist mit vielen Monaten Wartezeit rechnen. Daneben können sich Patienten ihren Therapeuten oft nicht aussuchen. Sie müssen den Psychologen nehmen, der gerade frei ist. Der Status quo heißt dann: Verhaltenstherapie. Letztendlich wird in einer Kurzzeittherapie aber dabei nur geredet. Laut einer Analyse des Deutschen Ärzteblattes werden lediglich 77 Prozent aller Behandlungen in einer Kurzzeittherapie erbracht. Es bleibt mit mindestens einem Drittel ein hoher Prozentsatz an Menschen, die nach Jahren der erfolglosen Kurzzeittherapie eine Langzeittherapie beginnen müssen. Als ich selbst unter Angst und innerer Unruhe litt, habe ich mich gegen diesen Weg entschieden.

»Meine Vision ist es, die Menschen wieder ins Fühlen zu bringen und das Leiden zu lindern«

 

 

 

Sind Sie deshalb Psychologin geworden?

Subke: Richtig. Ich habe nach und nach begonnen, mich privat für den Coaching-Bereich, für Hypnose und für Körperarbeit zu interessieren. Während meines Bachelor- und Masterstudiums in Psychologie bildete ich mich auf Seminaren fort, kaufte mir unzählige Bücher und machte eine Hypnose-Ausbildung. Meine Angebote sind Begleitungen, ich gehe also nicht in den therapeutischen Bereich. Eine schwere Depression beispielsweise erkenne ich und verweise an einen Facharzt. Aber in Grenzbereichen, wenn jemand sagt: Ich habe ein schlechtes Gefühl, weil mein Partner mich verlassen hat – oder ich kann nachts nicht schlafen, weil ich das Gedankenkarussell im Kopf nicht abstellen kann – in all solchen Fällen unterstütze ich meine Klienten. Aufgrund meiner eigenen Geschichte und Aufarbeitung bin ich auf Ängste spezialisiert.

Jennifer Subke schreibt derzeit an ihrem zweiten Buch über Ängste und innere Unruhe. FOTO: PRIVAT
Jennifer Subke schreibt derzeit an ihrem zweiten Buch über Ängste und innere Unruhe. FOTO: PRIVAT
Jennifer Subke schreibt derzeit an ihrem zweiten Buch über Ängste und innere Unruhe. FOTO: PRIVAT

 

 

 

Wie entstehen Ängste überhaupt?

Subke: Ängste entstehen nur unterbewusst. Das ist sehr wichtig. Eine Ursache wirkt sich dabei auf sehr viele Gefühle, Denk- und Verhaltensweisen an der Oberfläche aus. Zum Beispiel: Viele Menschen haben in ihrer Kindheit das Gefühl gehabt, nicht geliebt zu werden, wie sie wirklich sind. Hier entscheidet die Vergangenheit über die Zukunft. So ein Thema kann sich auf ganz viele Verhaltensweisen auswirken. Ein gemindertes Selbstwertgefühl sorgt dafür, dass sich Menschen ohne Grund selbst Druck machen und auf der Arbeit überarbeiten, dass sie in einer Partnerschaft Bindungsängste entwickeln oder dass sie mit ihrem Selbstbild und Schönheitsidealen nicht gesund umgehen können.

Und was können Sie tun, wenn eine Person mit Angst und Unruhe zu Ihnen kommt?

Subke: Eine Angst muss immer zuerst reguliert werden, dass sie einen nicht mehr blockiert. Angst kann abgebaut werden, indem man entweder flieht oder kämpft. Die dritte Option ist, dass man erstarrt. Dann geht die Angst aber in den Kopf. Wenn Menschen das bei Menschen zu oft passiert, spüren sie irgendwann ihren Körper nicht mehr richtig. Ich arbeite immer auch an den Ursprungsthemen – ich sage, das sind Säbelzahntiger. Das sind Furcht einflößende Ungeheuer unseres Alltags. Zum Beispiel, wenn jemand in einer Beziehung Verlustangst hat, der Partner dann aus dem Haus geht, über mehrere Stunden nicht erreichbar ist. Das ist für die Person ein Säbelzahntiger.

Was geschieht in einer Sitzung bei Ihnen? Zu Beginn sprachen Sie von Körperarbeit und Hypnose.

Subke: Grundsätzlich setzt sich meine Arbeit aus Traumaarbeit, Körperarbeit und Hypnose zusammen. Am Anfang setzte ich an, indem ich den Leuten beibringe, ihren Körper und dadurch sich selbst zu regulieren. Körperarbeit und Hypnose verknüpfe ich hierbei miteinander. Das heißt, ich beginne mit Sprechen, und direkt danach im Stehen mit Körperarbeit. Für jemanden, der beispielsweise sehr viel Angst in sich geladen hat, ist es wichtig, diese körperlich zu verarbeiten. Das kann geschehen, indem wir zum Beispiel sehr schnell auf der Stelle rennen. Oder ich spreche mit bestimmten Bewegungen bestimmte Muskelgruppen und Gelenke an, was sich wiederum auf das Nervensystem auswirkt. Auch die Atmung, wie eine Person steht, ob die Gelenke offen oder geschlossen sind, hat eine Auswirkung auf die Befindlichkeit.

 

Wie funktioniert Hypnose? Was ist das für ein Zustand?

Subke: Während Hypnose ist man in einem Zustand von Trance. Im Trance-Zustand lernen Personen viel schneller als sonst. Sie machen sozusagen während meinen Sitzungen korrigierende Erfahrungen in einem erhöhten Zustand der Lernfähigkeit. Erst, wenn die Körperarbeit Erfolge zeigt, kann ich zur Hypnose übergehen. Denn zuerst muss mit dem Körper alles stimmen in einer sicheren Umgebung. Dann legt man sich hin und ich mache beispielsweise eine korrigierende Reise über ein Thema. Oder ich reise mit meinen Klienten an den Zeitpunkt eines Traumas zurück. So eine Hypnose wirkt nach und ich gehe den Ursprüngen ihrer Ängste auf den Grund – fast immer sind das Kindheitstraumata. Dann geht es darum, das innere Kind zu heilen. Meine Aufgabe ist es, zu schauen, wo die Probleme meiner Klienten sind und so lange daran zu arbeiten, bis sie eine Besserung spüren. Plötzlich merken die Leute, dass sie sich nicht mehr überarbeiten. Dann steigt die Motivation, nach der Begleitung weiter an den Themen zu arbeiten.

Lohnt es sich bei innerer Unruhe, zu Hause abends Übungen zu machen, die einen entspannen sollen?

Subke: Tatsächlich ist es überhaupt nicht empfehlenswert, am Abend Entspannungsübungen zu machen. Viele Menschen probieren bei Angst alles – von autogenem Training bis Hypnose – um aus ihrer emotionalen Geladenheit in einen Zustand der Entspannung zu kommen. Eigentlich muss bei Angst das Nervensystem aber erst hochgefahren werden, damit es im Anschluss von selbst herunterfahren kann. Das ist wie eine Welle. Entspannen kann sich nur, wer vorher in den Turbo gegangen ist.

 

Wie lang braucht es, bis Sie mit Ihren Methoden Ergebnisse erzielen?

Subke: Viele Leute brauchen ein bis zwei Wochen, bis sie ihren Körper erst wieder richtig spüren. Natürlich ist es von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Im Durchschnitt zeigt sich bereits nach der ersten Woche eine gute Veränderung, was Ängste angeht. Der Fachbegriff dafür heißt Nervensystemregulation. Dann merken meine Klienten, dass sie mehr Energie haben. Bindungsthemen zeigen sich ab der zweiten bis dritten Woche bis zum Ende, weil sie die tiefsten Themen im Leben sind. Ich begleite im Schnitt zwischen acht bis zwölf Wochen. Das Leben geht aber weiter. Eine Begleitung ist nicht dazu gedacht, danach aufzuhören, an sich zu arbeiten. Ich möchte, dass die Menschen weiterwachsen. In Nachbegleitungen treffe ich mich dazu alle drei Monate mit meinen Klienten, mache Übungen und bespreche, was ihnen auf dem Herzen liegt. Meine Vision ist es, die Menschen wieder ins Fühlen zu bringen und das Leiden zu lindern.

Was können Sie den Lesern für zu Hause mitgeben?

Subke: Der erste richtige Weg ist, nicht allein eine einzelne Übung zu machen, sondern sich über seine Themen bewusst zu werden. Wirklich in der Tiefe zu verstehen, was mit einem los ist, wenn man Angst hat. Das kann man nicht mit einer Übung. Meine Empfehlung: Am besten, man schnappt sich ein Tagebuch und ist einfach mal ganz ehrlich zu sich selbst. Was sind die Worst Cases, die man auf keinen Fall erleben will? Das sind die Themen, die Menschen am meisten verdrängen. Wenn man ein Bewusstsein darüber hat, muss man sich mit der Materie beschäftigen. In meinem Buch »Innere Ruhe und Kraft – Frei von Unsicherheit und Angst« gibt es viele Körperübungen mit Erklärungen, die bei vielen unterschiedlichen Themen helfen, und einen Begleitkurs. (GEA)

www.jennifersubke.de

ZUR PERSON

Jennifer Subke (29) hat Psychologie in Ulm und Tübingen studiert. Im Masterstudium ist sie durch ihre Forschungsarbeit auf die Hypnose gestoßen und eröffnete darauf eine Praxis im bayrischen Krumbach. In ihrem Unternehmen hat sie die Methode der Traumaorientierten Körperzentrierten Hypnose entwickelt. Mittlerweile hat die Psychologin über 5.000 Menschen in Deutschland, Österreich und der Schweiz begleitet. In ihrem Podcast »Moment Mal! Dein Psychologiepodcast für innere Ruhe und Kraft« spricht Subke über spannende Fragen zur Psychologie des Menschen und führt Gespräche mit früheren und aktuellen Klienten. Daneben ist Subke Buchautorin. Sie schreibt derzeit an ihrer zweiten Publikation »Wolkig im Kopf! Überforderung und Ängste in Balance bringen« . Das Buch erscheint im Herbst dieses Jahres im Goldegg Verlag. (max)