Sinkende Pegel, leere Bachbetten, ausgedörrte Böden: Die anhaltende Trockenheit macht Teilen Deutschlands schwer zu schaffen. Abgesehen vom äußersten Norden und Südbayern sind die Böden in vielen Regionen seit Wochen zu trocken, wie Experten sagen. Das begünstigt nicht nur schwer einzudämmende Waldbrände, sondern schadet auch der Landwirtschaft und der Natur.
Einige Tierarten leiden bereits. Und Entspannung ist nicht in Sicht: »Einzelne Quellwolken«, »niederschlagsfrei«, »überregional kein Ende der Trockenheit« - diese Worte prägen den Ausblick des Deutschen Wetterdienstes (DWD) auch für die nächsten Tage.
Was Dürre bedeutet: Als ein statistisch abgesichertes Niederschlagsdefizit, das zu einer ausgeprägten Trockenheit im Oberboden und tieferen Bodenschichten führt, beschreibt das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig das Phänomen Dürre. Die Erderhitzung spielt dabei eine wichtige Rolle: »Mit jedem Grad Temperaturerhöhung kann die Atmosphäre sieben Prozent mehr Wasser halten«, sagt DWD-Meteorologe Andreas Brömser. »Es regnet daher, wenn es regnet, stärker - und es regnet gleichzeitig seltener. Es gibt eine Tendenz zu langen Trockenperioden, die von Starkregen unterbrochen werden.« Bei Starkregen kann der Boden das Wasser jedoch weniger gut aufnehmen, schon allein daher sinke die mittlere Bodenfeuchte.
Wasserentnahme: Die Pegel von deutschen Gewässern erreichen wegen der Trockenheit teils schon kritische Niedrigstände. Immer mehr Landkreise unter anderem in Sachsen, Thüringen und Hessen haben daher zumindest zeitweise die Wasserentnahme aus Flüssen, Seen, Bächen und Teichen verboten - auch Äcker und Felder dürfen damit nicht mehr bewässert werden, sonst drohen Bußgelder.
»Seit Wochen sinkt der Wasserpegel in den Frankfurter Gewässern, einige Bäche sind bereits ausgetrocknet«, erklärt für Frankfurt am Main Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne). Die vereinzelten Niederschläge sowie die anhaltende Wärme belasteten die Gewässer sowie die darin lebenden Pflanzen und Lebewesen. »Wir müssen dieses empfindliche Ökosystem vor zusätzlichen und vermeidbaren Stressfaktoren schützen.«
Wassermangel: Dass in den privaten Haushalten bald kein Wasser mehr aus dem Hahn kommen könnte, ist nach Einschätzung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) allerdings nicht zu erwarten. Auch wenn vereinzelte Ausnahmen möglich seien, sei die Trinkwasserversorgung flächendeckend gewährleistet. »Wir haben keinen Wassermangel in Deutschland«, versichert der für den Bereich Wasser zuständige BDEW-Hauptgeschäftsführer Martin Weyand.
Zu Engpässen könne es aber kommen, wenn zu viel Wasser auf einmal verbraucht werde. »Bei großer Hitze steigt der Bedarf der Haushalte um 40 bis 60 Prozent«, sagte Weyand - etwa für häufigeres Duschen, Rasensprengen oder Pools im Garten. »In den allermeisten Regionen sind die Kapazitäten aber auch in Hitzeperioden ausreichend.«
Landwirtschaft: Anhaltende Hitze und Trockenheit machen vielen Landwirten zu schaffen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), Joachim Rukwied, weist darauf hin, dass die Verteilung der Niederschläge in den vergangenen Wochen regional sehr unterschiedlich gewesen sei - mit entsprechenden Auswirkungen auf die Getreideernte. Für diesen Sommer rechnet der Verband insgesamt mit nur 41,2 Millionen Tonnen. Das wäre noch einmal weniger als im Vorjahr (42,3 Millionen) und sogar deutlich unter dem Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2020 von 44,2 Millionen Tonnen.
Die Wasservorräte im Boden sind nach Rukwieds Angaben nach wie vor viel zu gering. Für die Ernte von Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben seien ausreichende Niederschläge auch in den kommenden Wochen wichtig. Einschränkungen bei der Versorgung mit Lebensmitteln sehe er aktuell jedoch nicht, betont der Bauernpräsident.
Ökosysteme: »Die Dürre hat auf verschiedene Ökosysteme massive Auswirkungen, darum sind unterschiedlichste Arten betroffen«, sagte Thomas Behrends vom Naturschutzbund (Nabu) Schleswig-Holstein. Neben den Wasserlebensräumen mit ihren Libellen, Wasserkäfern und Köcherfliegen seien auch Wiesen, Weiden und Heidelebensräume betroffen. Besonders Flüsse, Seen und Auen leiden nach Angaben des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) an niedrigen Wasserständen.
Steige die Temperatur in den Gewässern auf über 25 Grad, drohe ein Fischsterben. »In der Elbe bei Hamburg ist das Problem schon angekommen, für den Main steht es kurz bevor«, sagt BUND-Sprecher Daniel Jahn der dpa. Auch für die Wälder seien die Folgen gravierend. »Bundesweit sind die Wälder durch Waldbrand bedroht und bundesweit sterben Bäume in den Wäldern einzeln, in Gruppen oder sogar flächig ab, wenn der Wasservorrat des Bodens aus dem Winterhalbjahr aufgebraucht ist.«
Waldbrände: Anhaltende Trockenheit allein löst zwar kein Feuer aus, dennoch begünstigt sie die Ausbreitung von Wald-, Vegetations- und Flächenbränden - wie zuletzt in Brandenburg und Sachsen. Nach Einschätzung von Feuerwehrexperten wird die Kombination aus großer Trockenheit und kräftigen Winden die Lage in den nächsten Tagen weiter verschärfen.
»Es ist zu befürchten, dass die Situation noch gefährlicher werden könnte als im Katastrophenjahr 2018«, sagte Ulrich Cimolino, Vorsitzender des Arbeitskreises Waldbrand im Deutschen Feuerwehrverband (DFV) und Vegetationsbrandexperte der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) laut einer Mitteilung. Damals hatten Waldbrände und Dürre in Europa demnach Schäden von 3,9 Milliarden Dollar angerichtet.
Weitere Hitze: Einigen Regionen Deutschlands stehen regional wieder sehr warme bis heiße Tage bevor. Der DWD nennt das »zeit- und gebietsweise« heißes Wetter. Vorerst heißester Tag könnte laut einer noch unsicheren Prognose der 19. Juli werden - für den Südwesten Deutschlands sagt DWD-Meteorologe Bernd Zeuschner an diesem Tag um die 38 Grad voraus. Dabei soll es in Deutschland zwar vereinzelte Gewitter und Schauer geben - »überregional aber kein Ende der Trockenheit«.
Umweltbundesamt zu Trockenheit
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