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Chemie-Nobelpreis für drei Quantenpunkt-Forscher

Panne bei den Nobelpreisen: Schon Stunden vor der Bekanntgabe werden die Namen der Chemie-Preisträger öffentlich. Von ihren Leistungen profitieren Menschen bisher vor allem, wenn sie vor TV-Geräten sitzen.

Chemie-Nobelpreis
Der Nobelpreis für Chemie geht in diesem Jahr an Moungi Bawendi, Louis Brus und Alexei Ekimov für die Entdeckung und Entwicklung von sogenannten Quantenpunkten. Foto: Steffen Trumpf/DPA
Der Nobelpreis für Chemie geht in diesem Jahr an Moungi Bawendi, Louis Brus und Alexei Ekimov für die Entdeckung und Entwicklung von sogenannten Quantenpunkten.
Foto: Steffen Trumpf/DPA

Fernseher mit brillanten Farben und Hoffnung auf effizientere Solarzellen: Der Nobelpreis für Chemie ehrt in diesem Jahr drei Vorreiter bei der Erforschung sogenannter Quantenpunkte. Die auch künstliche Atome genannten Strukturen werden unter anderem als besonders farbintensive Lichtquellen genutzt. Moungi Bawendi, Louis Brus und Alexei Ekimov legten in den 80er und 90er Jahren wichtige Grundlagen für diesen Bereich der Nanotechnologie, wie die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Mittwoch in Stockholm bekanntgab.

Einige Stunden vor der offiziellen Bekanntgabe waren die Namen der Preisträger bereits versehentlich in einer per E-Mail verschickten Mitteilung genannt worden. Die Akademie untersucht noch, wie es dazu kommen konnte.

Quantenpunkte werden unter anderem in modernen QLED-Fernsehern genutzt. Auch bei Quantencomputern, der Effizienzsteigerung von Solarzellen und in der Krebsmedizin spielen sie eine Rolle.

Quantenpunkte haben einzigartige Eigenschaften

Der 78-jährige Alexei Ekimov, geboren in der ehemaligen Sowjetunion, konnte in den frühen 80er Jahren größenabhängige Quanteneffekte in farbigem Glas zeigen, wie die Nobelstiftung mitteilte. Einige Jahre später habe dann der heute 80-jährige US-Amerikaner Louis Brus von der Columbia University in New York erstmals diese Effekte bei Partikeln gezeigt, die sich frei durch eine Flüssigkeit bewegten.

Im Jahr 1993 revolutionierte der französischstämmige Forscher Moungi Bawendi die Herstellung der Quantenpunkte, wie es weiter hieß. Der heute 62-Jährige vom Massachusetts Institute of Technology habe es damit erst möglich gemacht, dass die Strukturen zur Anwendung kommen.

Quantenpunkte kann man sich wie winzig kleine Bällchen mit einzigartigen physikalischen Eigenschaften vorstellen, wie Jörg Wrachtrup, Leiter des 3. Physikalischen Instituts der Universität Stuttgart erklärte. Grob gesagt werden viele einzelne Atome aneinandergelagert. Das Besondere daran: Die Eigenschaften - dazu gehört die Farbe - der Quantenpunkte variieren mit ihrer Größe. Diese kann bei der Herstellung sehr einfach beeinflusst werden kann. »Das macht die Chemie der Quantenpunkte sehr flexibel, sehr vielseitig«, sagte Wrachtrup. Im Prinzip sind Quantenpunkte also Farbstoffe, die angeregt werden können und dann Licht emittieren.

Anwendung in Medizin und Photovoltaik

»Kommerziell angewendet werden Quantenpunkte schon seit einigen Jahren in Fernsehern«, sagte der Physiker Alexander Urban von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). »Ihr Vorteil ist, dass man die Farben damit sehr viel besser kontrollieren kann. Sie sind brillanter, heller, und auch die Haltbarkeit von QLEDs sollte höher sein.«

Ein weiterer Einsatzbereich der Quantenpunkte sind Quantencomputer. In der Medizin können Quantenpunkte genutzt werden, um bestimmte Strukturen zu markieren. Dafür werden sie an Moleküle geknüpft, die wiederum spezifisch an bestimmte Proteine binden. Diese können dann durch Anregung sichtbar gemacht werden. »Die Vorteile bestehen darin, dass die Quantenpunkte diese Zielzellen sichtbar machen und wesentlich langlebiger sind als typische organische Farbstoffe, die sehr schnell verblassen«, erklärte Urban.

»Auch in der Photovoltaik wird daran geforscht, Quantenpunkte in Solarzellen einzusetzen«, sagte der LMU-Physiker. Allerdings sei der Wirkungsgrad für eine kommerzielle Nutzung derzeit noch zu begrenzt: Urban spricht von 18 Prozent im Vergleich zu 26 Prozent bei Solarzellen auf Basis von Silizium.

Die Namen der drei Preisträger standen in einer Mitteilung, die am Morgen an schwedische Medien verschickt worden war. »Lassen Sie mich sagen, dass das natürlich sehr unglücklich ist. Wir bedauern zutiefst, was passiert ist«, sagte der Generalsekretär der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften, Hans Ellegren. Bei den Nobelpreisen ist es eigentlich Tradition, dass die Preisträger bis zur offiziellen Bekanntgabe streng geheim gehalten werden. Was bisher bis auf extrem seltene Ausnahmen auch immer gelang.

Die renommierteste Auszeichnung für Chemiker ist in diesem Jahr mit insgesamt elf Millionen Kronen (rund 950 000 Euro) dotiert. Die feierliche Übergabe der Preise findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel.

© dpa-infocom, dpa:231004-99-435729/8