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Bundespresseball: Geliehener Smoking und »No Cannabis«

Demokratie und Pressefreiheit gehören zusammen, dieses Motto galt beim 71. Bundespresseball. Eine bekannte Rednerin engagierte sich sehr. Am Rand ging es aber auch um Drogen und Leih-Smokings.

Bundespresseball
Eröffnungstanz auf dem Bundespresseball: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender. Foto: Carsten Koall/DPA
Eröffnungstanz auf dem Bundespresseball: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender.
Foto: Carsten Koall/DPA

Auch wenn die meisten Gäste beim 71. Bundespresseball in Berlin aus der etablierten Politik und den Medien stammten, wollte das Hotel Adlon wohl sichergehen. »No Cannabis. Thank you«, stand groß und deutlich auf einem Schild am Eingang zu einer Raucher-Terrasse.

Der zuständige Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kommentierte denn auch ein mögliches Kiffen in verborgenen Ecken des Balls ganz entspannt: »Das würde mich schon wundern, wenn wir hier so weit wären. Aber erzürnen würde es mich nicht.« Zumindest in den ersten Stunden des Events war auch nichts Entsprechendes zu entdecken.

Ansonsten bemühte sich der Bundespresseball, politischer als früher zu wirken. Das Motto lautete: »Für die Pressefreiheit. Demokratie schützen«. In den Eröffnungsreden ging es um den Kampf für Demokratie und gegen Extremisten. Die AfD wurde vom Veranstalterverein Bundespressekonferenz, dem Zusammenschluss der Hauptstadtjournalisten, bewusst nicht eingeladen - weil sie nicht für Pressefreiheit und damit auch nicht für die Demokratie stehe.

Politik-Prominenz

Prominentester der rund 2200 Gäste aus Medien, Politik und Wirtschaft war Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der mit seiner Frau kam und später am Abend den offiziellen Eröffnungswalzer tanzte. Aus der Bundesregierung erschienen unter anderem Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach mit seiner neuen Freundin.

Lauterbach gab auf dem roten Teppich zu: »Alles was ich heute trage, der Smoking, das Hemd, die Fliege, die Manschettenknöpfe, alles ist nur in Kreuzberg geliehen, nichts ist besessen.« Prompt sagte seine Freundin: »Aber ich finde, es steht ihm gut. Er sollte das öfter machen.« Erwiderung Lauterbach: »Das wird nicht stattfinden.«

Die Politik war außerdem vertreten mit Ball-Stammgästen wie Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP), dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz und der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner und seine Freundin, Schulsenatorin Katharina Günther-Wünsch (beide CDU), waren zum ersten Mal dabei. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatten abgesagt.

Die Absage an die AfD wurde von Kubicki kritisiert. »Halte ich für einen Fehler. Die sind Mitglied des Deutschen Bundestags. Wenn sie nicht kommen, ist es gut. Aber das ist kein guter Stil. Das muss der Veranstalter aber selbst entscheiden.« Andere verstanden es gut.

Collien Ulmen-Fernandes hält Eröffnungsrede

Die Schauspielerin und Moderatorin Collien Ulmen-Fernandes, die neben dem Bundespräsidenten saß, trotz Abendkleid-Gebot für die Frauen eine silberne Glitzerhose in doppelter Übergröße trug und die Eröffnungsrede im Ballsaal hielt, lobte das Motto zur Demokratie als gut gewählt. »Das ist natürlich enorm wichtig, Demokratie stärken. Ich habe eben mit Eckart von Hirschhausen gesprochen, der sagte, es gebe zwei Feinde der Demokratie: Diejenigen, die sie nicht achten und diejenigen, die sie für selbstverständlich halten.«

Ulmen-Fernandes, die familiäre Wurzeln in verschiedenen Ländern hat, sagte, sie sei nach einem Bekenntnis gegen Rechtsextremismus auf einem »Stern«-Titelbild massiv angefeindet worden. »Ich hatte 2000 Hassnachrichten und habe sehr viel diskutiert über dieses Thema.« Trotzdem sei sie bei der Ausladung der AfD hin- und hergerissen. Ebenso bei der Debatte um ein Verbot. »Ich bin nicht ganz so sicher, ob das der richtige Weg ist.« Entscheidend sei aber, Themen wie Rassismus und Intoleranz mit aller Macht aufzuhalten.

Angekündigt waren für den Abend nicht nur Asia-Food, afrikanische Speisen, Lamm, Fisch, Maultaschen, Raclette und Currywurst, sondern auch Auftritte des Zauberweltmeisters Marc Weide. Verschiedene Bands sorgten für Musik. DJ Noah Becker, Sohn von Ex-Tennisstar Boris Becker, sollte kurz vor und nach Mitternacht auflegen. Die heftigste Party wurde traditionell in der engen Raucherbar erwartet. Ansonsten flanierten die Gäste zwischen Bars und Sponsorenständen, an denen sich auch gutmütige Politiker-Leibwächter vom Bundeskriminalamt (BKA) mit Gästen fotografieren ließen.

Deutliche Kritik kam vom Deutschen Taxiverband, weil die Ball-Veranstalter den Fahrdienst Uber als Sponsor wählten und Gäste mit dessen Wagen nach Hause gebracht wurden - statt Taxis zu nehmen.

Hoffnung hegte die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang für den weiteren Verlauf der Nacht und das Thema Cannabis-Rauchen. »Ich weiß nicht, ob das hier so dazu passt, aber wenn ja, wäre es sicher ein lustiger Anblick«, sagte Lang laut lachend. »Vielleicht überrascht uns ja Friedrich Merz hier heute Abend noch. Aber vermutlich nicht.«

© dpa-infocom, dpa:240412-99-655719/4