Das Bundeskabinett hat sich nach Kritik aus der Praxis entschieden, die im Juli 2021 in Kraft getretenen strafrechtlichen Bestimmungen zur Verbreitung von Darstellungen sexuellen Missbrauchs an Kindern wieder zu ändern. Das Hauptziel des damals beschlossenen Gesetzes zur Bekämpfung von Verbreitung, Erwerb und Besitz sogenannter Kinderpornografie - die deutliche Strafverschärfung - wird durch die neuerliche Reform des entsprechenden Paragrafen des Strafgesetzbuches jedoch nach Auskunft des Bundesjustizministeriums nicht angetastet.
In dem Gesetzentwurf, den das Kabinett nach Angaben aus Regierungskreisen am Mittwoch beschlossen hat, heißt es, die Verhältnismäßigkeit der derzeit geltenden Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe sei insbesondere dann fraglich, wenn jemand offensichtlich nicht aus einem eigenen sexuellen Interesse an solchen Darstellungen gehandelt habe, sondern um eine weitere Verbreitung oder eine Veröffentlichung solchen Materials zu beenden, zu verhindern oder aufzuklären.
In dem Entwurf heißt es dazu wörtlich: »Besonders häufig sind solche Fälle bei Eltern sowie Lehrerinnen und Lehrern älterer Kinder oder Jugendlicher aufgetreten, die kinderpornographisches Material bei diesen gefunden und an andere Eltern, Lehrerinnen oder Lehrer oder die Schulleitung weitergeleitet haben, um diese über den Missstand zu informieren.«
Großer Anteil jugendlicher Täter und Täterinnen
Die Einstufung als Vergehen - statt als Verbrechen - sei außerdem dringend erforderlich, um auf den großen Anteil jugendlicher Täter und Täterinnen angemessen und mit der gebotenen Flexibilität eingehen zu können. Denn diese agierten in der Regel »aus einem für den jugendlichen Entwicklungsstand typischen Antrieb wie Unbedarftheit, Neugier, Abenteuerlust oder Imponierstreben«.
Als Verbrechen gelten Taten, die im Strafgesetzbuch mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis belegt sind. Mit dem Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder von 2021 wurden die entsprechenden Paragrafen im Gesetzbuch so geändert, dass das grundsätzlich auch im Bereich Kindesmissbrauch und Kinderpornografie gilt.
Mehr Zeit und Ressourcen für die Justiz
Durch die Reform von 2021 haben Staatsanwaltschaften und Gericht keinen Spielraum mehr, um solche Strafverfahren einzustellen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte die Änderung auch mit der Begründung angekündigt, sie sei notwendig, damit die Justiz Zeit und Ressourcen gewinne, um sich auf die Fälle der Verbreitung von Darstellungen sexuellen Missbrauchs zu konzentrieren, »um die es uns allen ja wirklich geht«.
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hatte kritisiert, die Zahl der erfassten jugendlichen Tatverdächtigen, die entsprechende Inhalte in Chatgruppen teilten, ohne sich der Konsequenzen ihres Handelns bewusst zu sein, steige an. Dies binde die ohnehin knappen Ressourcen bei den Strafverfolgungsbehörden. Für die Reform von 2021 hatte es damals im Bundestag große Unterstützung gegeben.
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