Der Medienkonzern Axel Springer streicht bei seinen Marken »Bild« und »Welt« Stellen. »In den Bereichen Produktion, Layout, Korrektur und Administration wird es deutliche Reduzierungen von Arbeitsplätzen geben«, teilte der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner am Dienstag in einem Schreiben an die Mitarbeiter mit, das der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Hintergrund ist auch die Digitalstrategie des Konzerns
Der Springer-Chef erläuterte: »Wir werden gleichzeitig Arbeitsplätze aufbauen und abbauen. Dafür wird es ein Freiwilligenprogramm geben.« Der 60-Jährige schrieb auch: »Betriebsbedingte Kündigungen versuchen wir zu vermeiden.« Konkrete Zahlen wurden nicht genannt.
Wandel in der Medienbranche
Zum deutschen Mediengeschäft des Konzerns mit Sitz in Berlin hieß es weiter: »Um auch künftig wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben, muss sich unser Ergebnis im deutschen Mediengeschäft in den nächsten drei Jahren um rund 100 Millionen Euro verbessern. Durch Umsatzsteigerungen, aber auch durch Kostenreduzierungen.« »Bild« ist die größte Boulevardzeitung in Deutschland.
Der Konzern will sich perspektivisch vom gedruckten Zeitungsgeschäft verabschieden und ein reines Digitalunternehmen werden. Das Medienunternehmen teilte auch mit, dass »Welt« die erste journalistische Marke werden soll, die von Print komme und rein digital sein werde.
Umstellung wird noch einige Jahre dauern
In der Pressemitteilung sagte Döpfner: »Print ist heute noch profitabel und für Leserinnen und Werbekunden unverzichtbar. Deshalb wird die komplette Umstellung auf Digital noch einige Jahre dauern.« Man müsse sich aber darauf vorbereiten und die Transformation aktiv in Angriff nehmen.
Einen großen Wachstumsmarkt im Mediengeschäft sieht Springer in den USA. Außerdem hob Döpfner die künftige Bedeutung von Künstlicher Intelligenz im Medienbereich hervor.
Zu den künftigen Schwerpunkten bei den hiesigen Marken betonte Döpfner: »Reichweite ist bei «Bild» die oberste Priorität. Bei «Welt» sind es gut bezahlte und haltbare digitale Abos.«
Der Stellenabbau hatte sich schon länger angedeutet. Hintergrund ist ein Strategieprojekt im Segment nationales Mediengeschäft (News Media National). Seit Herbst wurden die Strukturen mit Blick auf den beschleunigten Wandel in der Medienbranche überprüft.
Stellenabbau war bereits angekündigt
Vor kurzem hatte Springer-Chef Döpfner auch in einem dpa-Interview erläutert, dass sich der Konzern im Zuge der künftigen Struktur der beiden Marken von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trennen werde.
Am Dienstag betonte Döpfner in dem Schreiben an die Mitarbeiter: »Unser journalistischer Anspruch ist hoch und er wird noch höher. Um diesen Exzellenzanspruch zu leben und liefern zu können, werden wir im journalistischen Kern – also bei Reportern, Autoren und Fachredakteuren – nicht reduzieren, sondern eher investieren und qualitative Verbesserungen vornehmen.« Das sei zugleich keine Jobgarantie. »Denn auch in den Redaktionen werden wir uns von Kollegen trennen, wenn bestimmte Profile zu den erforderlichen Kompetenzen nicht mehr passen.«
Der Konzern beschäftigt weltweit aktuell rund 18.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu zählen 3400 Journalisten, davon ein immer größerer Teil in den USA.
Wirtschaftsziele im vergangenen Jahr übertroffen
Springer übertraf 2022 trotz Inflation, Energiekrise und des Kriegs in der Ukraine seine Wirtschaftsziele. Döpfner sagte in dem dpa-Interview: »Wir hatten nach 2021 zum zweiten Mal in Folge zweistelliges organisches Umsatzwachstum.« Das habe das Unternehmen seit vier Jahrzehnten nicht gehabt. Der Umsatz lag demnach bei rund 3,9 Milliarden Euro, unter dem Strich steht rund eine dreiviertel Milliarde Gewinn. 85 Prozent des Umsatzes und mehr als 95 Prozent des Gewinns kommen demnach bereits aus dem Digitalgeschäft.
Der Konzern zog sich 2020 von der Börse zurück und war davor eine Kooperation mit dem US-Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts (KKR) für beschleunigtes Wachstum eingegangen. KKR hält einen großen Anteil an Springer.
Kritik von Verdi
Die Gewerkschaft Verdi kritisierte die Springer-Pläne. Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz sagte: »Erneut kündigt mit Axel Springer ein Großverlag an, ohne wirtschaftliche Not und mit Blick auf im Vergleich zu anderen Branchen übersteigerten Gewinnerwartungen, sich gegen journalistische Vielfalt im eigenen Verlag zu entscheiden.« Er schlug zugleich eine Brücke zum Konzern Bertelsmann.
RTL Deutschland hatte vor kurzem angekündigt, dass Hunderte Stellen rund um die Zeitschriftentitel des Verlagshauses Gruner + Jahr wegfallen und zahlreiche Titel eingestellt werden. Die Magazinsparte ging 2022 an RTL über. Beide Bereiche gehören zu Bertelsmann. RTL will zugleich in die Digitalstrategie und in Zeitschriften-Kernmarken investieren.
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