Sydney (dpa) - Die Brände in Australien wüten weiter - und die Lage spitzt sich zu. In Teilen des Landes wurde der Notstand verhängt. Touristen und Bewohner sollen die Feuergebiete im Südosten angesichts einer neuen, für das Wochenende erwarteten Hitzewelle verlassen.
Die Feuerwehr des Bundesstaats New South Wales legte am Donnerstag neue Evakuierungszonen fest. Auch im benachbarten Victoria sollten sich die Menschen in Sicherheit bringen. Der australische Regierungschef Scott Morrison bekam bei einem Besuch in der Krisenregion den Zorn der Betroffenen zu spüren.
Am Samstag werden vom Wetteramt teilweise Temperaturen jenseits der 40-Grad-Grenze und starker Wind erwartet. Dadurch können die verheerenden Buschbrände noch einmal angefacht werden, die ohnehin hohe Brandgefahr steigt weiter.
Mittlerweile hat sich die Zahl der Menschen, die seit dem Ausbruch der ersten Feuer bei den Bränden starben, auf 17 erhöht, wie die australische Nachrichtenagentur AAP berichtet. Dutzende werden vermisst. Allein in Victoria war das Schicksal von 17 Menschen ungewiss.
Richtung Norden und Westen einer der Evakuierungszonen erstreckten sich am Donnerstag lange Autokolonnen. Allerdings konnten viele Menschen gar nicht starten, weil die Tankstellen keinen Treibstoff mehr hatten oder die Pumpen wegen Stromausfällen nicht arbeiteten.
Darüber hinaus gab es in einigen an der Küste gelegenen Gemeinden Engpässe bei Lebensmitteln und Wasser, wie die Feuerwehr mitteilte. Grund hierfür war, dass seit Montag viele Straßen wegen der Brände und umgestürzter Bäume gesperrt waren.
Der Bundesstaat New South Wales verhängte ab Freitag einen siebentägigen Notstand, der dritte in dieser Brandsaison. Damit bekommen die Helfer mehr Möglichkeiten, die Krise zu bewältigen, etwa durch Evakuierungen und Straßensperrungen. Am Donnerstagabend (Ortszeit) rief Victoria für sechs Gebiete den Notstand aus - in dem Bundesstaat brannten mehr als 50 Feuer.
Laut Verteidigungsministerium legte zuvor ein Militärschiff in der Küstenstadt Mallacoota an, um geschätzt 4000 Menschen, die seit Montag von Feuern eingeschlossen waren, mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Das Schiff sollte zudem rund 1000 Menschen in Sicherheit bringen.
Dramatisch klingt, was der Deutsch-Australier Frank Klostermann in der »Bild«-Zeitung schilderte: Er wollte demnach einem Bekannten in Batemans Bay helfen, dessen Grundstück feuersicher zu machen, musste dann aber fliehen. Auch auf dem Weg Richtung Sydney wurde es brenzlig, so dass Klostermann und seine Familie eine Notunterkunft in Ulladulla ansteuern mussten.
»Ich schlief die Silvesternacht im Auto, meine Frau und die beiden Kids auf dem harten Betonboden in der Halle«, sagte Klostermann. »Wir trafen dort auch ein Ehepaar, dessen Haus gerade abgebrannt war. Sie hatten alles verloren, die Möbel, alle Erinnerungen, Bilder von Kindern, den Reisen.«
Nun hofft die Familie laut »Bild«, dass sie bald wieder zurück nach Sydney kann. »Die Menschen hier sind Buschbrände gewöhnt, aber so etwas Schlimmes gab es hier noch nie«, so Klostermann, der seit 25 Jahren in Australien lebt. »Der Klimawandel hinterlässt eindeutig seine Spuren.«
Australiens Premierminister Scott Morrison verteidigte seine Klima-Politik bei einer Pressekonferenz in Sydney. »Ich verstehe die Angst, ich verstehe die Frustration, aber das ist eine Naturkatastrophe, die am besten auf ruhige, systematische Art behandelt wird.« Er nehme die Erderwärmung ernst, so Morrison. Er betonte zugleich, dass er seine Politik nicht auf Kosten der Wirtschaft ändern werde.
Morrison ist ein starker Befürworter der Kohleindustrie und steht für sein Krisenmanagement in der Kritik. Bei einem Ortsbesuch in Cobargo in New South Wales erlebte er laut der Nachrichtenagentur AAP am Donnerstag den Ärger der Bewohner in der Brandregion. Morrison wurde demnach beschimpft: »Hier unten bekommst du keine Stimmen, Kumpel. Du bist ein Idiot.«
Australische Wissenschaftler gehen von einem deutlich gestiegenen Brandrisiko durch den Klimawandel aus. Schon seit Oktober wüten die Buschbrände auf dem Kontinent. Doch nunmehr hat sich die Lage zugespitzt: Allein in New South Wales ist mittlerweile etwa eine Fläche der Größe Belgiens abgebrannt. Landesweit wurden mehr als 1400 Häuser zerstört.
Auch in der Hauptstadt Canberra sind die Brände spürbar. Der Rauch dort war so schlimm, dass einige Menschen sogar innerhalb von Gebäuden Schutzmasken trugen.
Die Anteilnahme in der Feuerkrise reicht bis in den Sport. Vor Beginn des ersten Grand-Slam-Tennisturniers des Jahres kündigte der Turnierdirektor der Australian Open in Melbourne Benefizaktionen für die Opfer der Brände an. Außerdem will der australische Tennisspieler Nick Kyrgios für jedes geschlagene Ass diesen Sommer umgerechnet 125 Euro spenden. Sein Kollege und Landsmann Alex de Minaur erhöhte den Betrag auf mehr als 150 Euro. »Weil ich nicht denke, dass ich so viele Asse schlagen werde wie du«, schrieb er auf Twitter.
Tweet der Feuerwehr von New South Wales
Augenzeugenbericht in der »Bild«-Zeitung
Informationen zu den Evakuierungsgebieten
Twitter-Beitrag von Alex de Minaur