ASCHAFFENBURG. Immer wieder erhebt ein Vater gegen seine jugendliche Tochter die Hand, züchtigt sie. Die Übergriffe sind aktenkundig, der Mann wird sogar zu einer Haftstrafe verurteilt. Doch die tritt der heute 46-Jährige nicht an.
Vielmehr soll er kurz nach dem Urteil derart erbost über den Lebensstil der 16-Jährigen gewesen sein, dass er das Mädchen im Mai 2017 getötet und in einem Wald bei Aschaffenburg in Bayern verscharrt haben soll. Fast vier Jahre nach dem Verbrechen muss sich der Syrer seit dem heutigen Donnerstag unter anderem wegen Mordes vor dem Landgericht Aschaffenburg verantworten.
Vorgeworfen wird dem Angeklagten zudem versuchter Mord an dem älteren Freund seiner Tochter. Etwa einen Monat nach dem Verschwinden der Jugendlichen soll der damals 23-Jährige am Floßhafen in Aschaffenburg von dem Verdächtigen mit einem Messer attackiert und am Hals lebensbedrohlich verletzt worden sein.
Die Familie des Angeklagten kommt aus Syrien und flüchtete vor dem jahrelangen Krieg dort nach Deutschland. Das Mädchen soll sich schnell eingelebt haben. Laut Anklage soll der Mann seine Tochter Anfang Mai 2017 getötet haben, um sie für ihren Lebenswandel zu bestrafen und seine vermeintliche Ehre wiederherzustellen. Erst im Dezember 2018 war die Leiche von Spaziergängern gefunden worden.
Unklar ist laut Ermittlerkreisen nach wie vor, ob der Angeklagte alleine handelte oder beispielsweise jemand half, die Leiche der Schülerin zu beseitigen.
Der 46-Jährige war bereits vor den angeklagten Verbrechen polizeilich bekannt. Wegen Körperverletzung und Bedrohung seiner Tochter im Jahr 2016 war er zu einer neunmonatigen Haftstrafe verurteilt worden, trat diese aber nie an. Nach der Attacke auf den 23-Jährigen verschwand er. Nach internationaler Suche wurde der Mann im vergangenen Jahr in der Türkei festgenommen und ausgeliefert.
Die Große Strafkammer des Landgerichts hat für den Prozess 14 Verhandlungstermine angesetzt. Um einen coronakonformen Verlauf zu ermöglichen, wird im Schloss Johannisburg verhandelt.
In Deutschland, aber auch in anderen Ländern werden immer wieder vor allem muslimische Frauen wegen ihres Lebenswandels verletzt oder getötet, so die Frauenhilfsorganisation Terres des Femmes. Die »Ehrlosen« würden häufig von Familienmitgliedern attackiert, die sich zu Wächtern der Sittlichkeit berufen fühlen. (dpa)