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Marokko: Palmen, Kasbahs und Kamele

Filmreife Szenerien: Auf den Spuren Hitchcocks in Marrakesch und am Drehort von »Gladiator«.

Das Berberdorf Aït-Ben-Haddou mit seinen Häusern aus Lehm und Stroh wirkt wie aus biblischen Zeiten. Immer wieder wird es als K
Das Berberdorf Aït-Ben-Haddou mit seinen Häusern aus Lehm und Stroh wirkt wie aus biblischen Zeiten. Immer wieder wird es als Kulisse für Hollywood-Blockbuster genutzt. Foto: Emanuel K. Schürer
Das Berberdorf Aït-Ben-Haddou mit seinen Häusern aus Lehm und Stroh wirkt wie aus biblischen Zeiten. Immer wieder wird es als Kulisse für Hollywood-Blockbuster genutzt.
Foto: Emanuel K. Schürer

Regen und ein dauergrauer Himmel lassen derzeit Fernweh aufkommen. Wer dem Schmuddelwetter in Mitteleuropa entfliehen, mal wieder Palmen sehen und ein exotisches Land näher kennenlernen will, statt nur am Strand rumzuliegen, der muss gar nicht so weit fliegen. Schon in wenigen Stunden kommt man nach Marokko – eines der faszinierendsten Reiseländer Nordafrikas. Es hat fantastische Landschaften zu bieten und viele Zeugnisse einer großen Geschichte und reichen Kultur.

Die Mühe, eine Rundreise selbst zu planen und zu organisieren, muss man nicht unbedingt auf sich nehmen. Veranstalter von Studienreisen nehmen einem diese Arbeit ab. Außerdem bieten solche Reisen in der Gruppe die Möglichkeit, Bekanntschaften zu schließen und ein gewisses Sicherheitsgefühl. Ortskundige Reiseleiter können immer wieder Tipps geben und helfen, Probleme auf unbekanntem Terrain zu lösen.

Ein marokkanischer Markt ist auch dann ein lohnendes Ziel, wenn man nicht gerade ein Kilo Knoblauch braucht.
Ein marokkanischer Markt ist auch dann ein lohnendes Ziel, wenn man nicht gerade ein Kilo Knoblauch braucht. Foto: Emanuel K. Schürer
Ein marokkanischer Markt ist auch dann ein lohnendes Ziel, wenn man nicht gerade ein Kilo Knoblauch braucht.
Foto: Emanuel K. Schürer

»Paris der Sahara«

Marrakesch darf bei einer Rundreise durch Marokko keinesfalls fehlen. Die Metropole gilt schon lange als lohnendes Reiseziel. Schon 1925 hat Hugo von Hofmannsthal von der Stadt als dem »Paris der Sahara« geschwärmt. Der Schriftsteller Elias Canetti hat seine Impressionen von der orientalischen Großstadt schon in den 50er-Jahren atmosphärisch dicht beschrieben. Sein schmales Bändchen »Stimmen von Marrakesch« ist ein Literaturklassiker – und ideal, um sich auf eine Marokko-Reise einzustimmen.

Die Stadt, so beschreibt es der Reiseleiter Hassan Taki, ist eine »Stadt der Souks« (Einkaufsviertel). Entsprechend viel Gelegenheit gibt es denn auch für eine Shoppingtour durch die engen Ladengassen. Von Kochutensilien und Sitzkissen über Ledertaschen und Lampenschirmen bis zu Shirts und Schals finden sich alle möglichen Souvenirs. Wer eine Pause möchte, kann auf vielen Dachterrassen auf einen Kaffee oder Tee einkehren und sich dann der Besichtigung etwa des Bahia-Palastes, der Koutoubia-Moschee und der Stadtmauern hingeben.

Trubel auf Gauklerplatz

Geselliges – und auch touristisches – Zentrum der Stadt ist der Gauklerplatz oder Djemaa El Fna. Er gilt als berühmtester Platz Afrikas und wurde zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt. Vom frühen Nachmittag bis in die späte Nacht herrscht hier Trubel. Viele Marokkaner und Touristen bummeln, essen Fastfood, spielen Fußball, lassen sich Geschichten erzählen oder lauschen Live-Musik. Schuhputzer bieten ihre Dienste an. Frisch gepresste Obstsäfte werden offensiv beworben. Junge Männer versuchen, mit artistischen Kunststücken Aufmerksamkeit und ein paar Dirham zu ergattern. Hassan Taki warnt derweil die Fotografen in der Reisegruppe vor den traditionell gekleideten Wasserverkäufern, den Schlangenbeschwörern und den Besitzern kleiner Affen. Diese treiben sehr nachdrücklich Foto-Honorare von Touristen ein, die nichts ahnend Fotos von ihnen gemacht haben, ohne vorher um Erlaubnis zu fragen.

Im Dar Essalam hat Alfred Hitchcock in den 1950er-Jahren gedreht.
Im Dar Essalam hat Alfred Hitchcock in den 1950er-Jahren gedreht. Foto: Emanuel K. Schürer
Im Dar Essalam hat Alfred Hitchcock in den 1950er-Jahren gedreht.
Foto: Emanuel K. Schürer

Nicht weit entfernt bietet sich mit dem Dar Essalam ein besonderes Restaurant zur Einkehr an. Kultregisseur Alfred Hitchcock hat dort in den 50er-Jahren für den Thriller »Der Mann, der zu viel wusste« Szenen mit James Stewart und Doris Day gedreht. Heute gibt es in den prachtvoll gestalteten Sälen zu traditionellen Gerichten auch Bauchtanz, oder es erklingt live die Gnawa-Musik, die auf einstige Sklaven aus der Region südlich der Sahara zurückgeht.

Kulisse für Hollywood

Um der Sahara näherzukommen, muss man den Hohen Atlas überqueren. Das ist dank der grandiosen Gebirgslandschaften an sich schon ein Erlebnis. Ist die Überquerung geschafft, kommt man nach Aït-Ben-Haddou. Die befestige Stadt aus lauter Lehmhäusern, ein sogenanntes »Ksar«, liegt an einem Berghang neben einem Flussbett. Der Anblick ist so malerisch, dass der Ort nicht nur zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt wurde, sondern auch immer wieder als Kulisse für den Dreh von Hollywood-Filmen dient. Das verschafft dem Örtchen nicht nur viel Glamour und touristische Attraktivität, sondern seinen Bewohnern auch immer wieder Engagements als Komparsen.

Die Häuser mit ihren Türmen und Zinnen lassen den Ort wehrhaft erscheinen. Die Lehmhaussiedlung wirkt wie aus biblischen Zeiten. Szenen von »Lawrence von Arabien«, dem Bond-Film »Ein Hauch des Todes«, »Die Mumie«, »Gladiator«, »Alexander« und »Game of Thrones« wurden in Aït-Ben-Haddou gedreht. Vergangenen Sommer war hier ein Amphitheater aufgebaut, so Reiseleiter Taki, um Szenen für eine »Gladiator«-Fortsetzung zu drehen.

Drifts gegen Langeweile

Unklar ist, wie lange es das Örtchen so noch geben wird. Die Jugend wandert in die Städte ab und die von der Witterung bedrohten Bauten aus Lehm und Stroh brauchen nach Regenfällen intensive Pflege, sollen sie nicht zusammenfallen.

Die nahe gelegene Provinzhauptstadt Ouarzazate ist berühmt dafür, keinerlei Sehenswürdigkeiten zu besitzen. Eindrucksvoll ist hingegen die benachbarte Kasbah (Festung, Burg) Taourirt. Diese ehemalige Residenz des Berberfürsten El Glaoui ist ein wuchtiger, verschachtelter Wohnburgkomplex. Die Kasbah ist immer noch bewohnt, einige Räume können aber besichtigt werden.

Zeit für einen Ausflug in die Wüste. In geländegängigen Jeeps geht es über scheinbar unendliche Stein- und Sandflächen. Die routinierten Fahrer sorgen dafür, dass die Wagen gelegentlich etwas ins Driften, in leichte Schräglage oder ins Wippen geraten. Das Gefühl von Abenteuer hebt die Stimmung und verhindert das Aufkommen von Langeweile.

Freie Menschen

Am Ziel, im Camp mit seinen stabilen und elektrifizierten Zelten samt Warmwasserduschen, wird man von Berbern mit starkem Pfefferminztee, Nüssen und Keksen empfangen. Die jungen Männer sind freundlich und hilfsbereit. Sie unterhalten sich gerne auf Englisch mit ihren Gästen. Dabei ist zu erfahren, dass sie die Bezeichnung »Berber« ablehnen, weil das Wort vom altrömischen »Barbaren« komme und abwertend sei. Sie selbst wollen lieber als »Amazigh« bezeichnet werden, was so viel wie »freier Mensch« bedeute.

Ein Kamelritt im Abendlicht über die Sanddünen der Wüste Merzouga nahe des Camps ist ein Erlebnis. Anfänger müssen sich darauf gefasst machen, nach dem Erklettern des Sattels erst heftig nach vorne und dann nach hinten geworfen zu werden, wenn sich das Kamel erhebt. Solche Kamelritte sind aus Tierschutzgründen inzwischen heftig umstritten, berichtet Alicia Kern vom Studienreiseveranstalter Gebeco. Deshalb gehörten sie bei ihren Reisen nicht mehr zum Standardprogramm. »Jeder Gast soll selbst entscheiden, ob er einen solchen Ritt mitmacht«, so Kern.

Nach dem mehrgängigen höchst schmackhaften Abendessen gibt es von den Amazigh noch ein kleines getrommeltes Konzert, bevor das Wüstencamp ohne Fernseher und W-LAN-Anschluss in nächtliche Stille versinkt. (GEA)