Logo
Aktuell Menschenrechte

Was ist Rassismus?

Jeder glaubt zu wissen, was Rassismus ist. Doch tatsächlich ist der Begriff gar nicht so einfach zu erklären. Schließlich ist schon das Konzept der »Rasse« eine Erfindung.

Zum Jahrestag des rassistischen Anschlags von Hanau protestieren Menschen gegen Rassismus.
Zum Jahrestag des rassistischen Anschlags von Hanau protestieren Menschen gegen Rassismus. Foto: Boris Roessler/dpa
Zum Jahrestag des rassistischen Anschlags von Hanau protestieren Menschen gegen Rassismus.
Foto: Boris Roessler/dpa

REUTLINGEN. Menschen gehen bei Demonstrationen gegen Rassismus auf die Straße. Verlage streichen Wörter aus Kinderbüchern, weil diese als rassistisch gelten. Und wenn die Polizei Menschen mit schwarzer Hautfarbe kontrolliert, steht der Vorwurf von Racial Profiling im Raum. Doch was ist Rassismus genau? Das ist gar nicht so einfach zu fassen.

Woher kommt der Begriff »Rassismus«?

Der Ausdruck »Rassismus« leitet sich vom Begriff der »Rasse« ab und wurde geprägt in der Kolonialzeit und den 1920er- und 1930er-Jahren. Inzwischen ist aber klar: Eine Einteilung der Menschen in »Rassen« aufgrund scheinbarer oder tatsächlicher Merkmale wie etwa der Hautfarbe oder der Herkunft ist wissenschaftlich nicht haltbar. Trotzdem steht der Begriff »Rasse« weiterhin im Grundgesetz. Eigentlich wollte die Ampel-Regierung das ändern. Doch im Februar entschied die Bundesregierung doch für die Beibehaltung. In der Begründung folgt die Regierung unter anderem dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Dieser und andere Gegner der Streichung hatten eingewandt, dass der Begriff der »Rasse« gebraucht werde, weil das Wort an die Verfolgung und Ermordung von Menschen aufgrund der Rassenideologie erinnere. Zudem ist ein Ersatz des Wortes juristisch nicht so einfach. Schließlich muss garantiert werden, dass ein neuer Begriff rechtlich »das gleiche Schutzniveau« garantiert.

Was ist »Rassismus«?

Zum Begriff »Rassismus« existieren zahlreiche Definitionen. Mit dem engen Rassismusbegriff wird die Diskriminierung von Menschen aufgrund vermeintlicher Rassenmerkmale, wie etwa Hautfarbe, Körperbau oder Herkunft verstanden. Dahinter steht auch die Vorstellung einer Überlegenheit der eigenen »Rasse« aufgrund dieser Merkmale. Heutzutage wird Rassismus aber meist weiter gefasst. Die UN definiert Rassendiskriminierung als »jede auf der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung, dem nationalen Ursprung oder dem Volkstum beruhende Unterscheidung, Ausschließung, Beschränkung oder Bevorzugung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass dadurch ein gleichberechtigtes Anerkennen, Genießen oder Ausüben von Menschenrechten und Grundfreiheiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen oder jedem sonstigen Bereich des öffentlichen Lebens vereitelt oder beeinträchtigt wird«.

Im Paragraf 130 des Strafgesetzbuches ist in Deutschland geklärt, dass Rassismus strafbar ist. Wer zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt auffordert und damit den öffentlichen Frieden stört, kann zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren Haft verurteilt werden.

Welche Arten von »Rassismus« gibt es?

Rassismus wird heute in der Regel nicht mehr biologisch, sondern kulturell begründet. So werden Menschen etwa aufgrund ihrer Religion, ethnischer oder nationaler Besonderheiten, fälschlicherweise in Gruppen eingeteilt. Wertet man die eigene Kultur dann als anderen Kulturen überlegen, spricht man von kulturellem Rassismus. Ein aktuelles Beispiel ist etwa der von der AfD gern genutzte Begriff des christlichen Abendlands, dem muslimische Menschen angeblich nicht angehören.

Rassismus ist aber auch ein institutionelles und strukturelles Problem. Struktureller beziehungsweise institutioneller Rassismus bezeichnet dabei, dass Diskriminierung nicht aufgrund individueller Meinungen stattfindet, sondern in sozialen Beziehungen und gesellschaftlichen Organisationen verankert sein kann. So wird Menschen mit bestimmten Merkmalen der Zugang zu bestimmten Ressourcen erschwert. Ein klassisches Beispiel ist, dass Menschen mit ausländisch klingendem Namen schlechter eine Wohnung bekommen oder bei der Suche nach einem Arbeitsplatz benachteiligt werden.

Was bedeutet »Racial Profiling«?

Die deutsche Polizei wird regelmäßig beschuldigt, »Racial Profiling« zu betreiben. Damit ist gemeint, dass Menschen aufgrund äußerer Erscheinungsmerkmale wie etwa Hautfarbe, Sprache oder auch Alter von der Polizei zum Beispiel kontrolliert oder überwacht werden, ohne dass konkrete Verdachtsmomente vorliegen. Diese Kontrollen verstoßen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und sind grundgesetzwidrig.

Fälle von »Racial Profiling« landen immer wieder vor Gericht, da oft nicht ganz einfach festzustellen ist, ob etwa eine Personenkontrolle durch die Polizei rechtswidrig war oder nicht. Weißt die Statistik zum Beispiel darauf hin, dass Verbrechen wie etwa Drogenhandel in einer bestimmten Gegend vermehrt von Angehörigen einer Nationalität begangen werden, werden Personen, bei denen diese Nationalität vermutet wird, häufiger kontrolliert. Ob diese Kontrolle dann »Racial Profiling« ist, oder nicht, muss im Einzelfall entschieden werden. Klar ist aber, dass »Racial Profiling« existiert. Die Datenlage in Deutschland dazu ist noch recht dürftig. Eine noch laufende Polizeistudie soll sich aber auch mit diesem Thema beschäftigen. Studien unter anderem aus Frankreich und den USA legen nahe, dass etwa junge Männer, die als schwarz oder arabischstämmig wahrgenommen werden, eine sehr viel höhere Wahrscheinlichkeit haben, von der Polizei kontrolliert zu werden, als gleichaltrige weiße Männer.

Was versteht man unter dem Begriff »Alltagsrassismus«?

Alltagsrassismus fällt vielen Menschen nicht auf - und genau dort liegt das Problem. Denn als Alltagsrassismus werden schon in der Kindheit verinnerlichte rassistische Vorstellungen und Praktiken bezeichnet, die unbewusst reproduziert werden. Menschen, die Alltagsrassismus erleben, fühlen sich dadurch verletzt. Diejenigen, die die rassistische Handlung oder Aussage getätigt haben, verstehen aber gar nicht warum. Die Bekämpfung von Alltagsrassismus ist deshalb sehr schwer. Auf der Seite von Amnesty International finden sich daher einige Tipps, was sich gegen Alltagsrassismus tun lässt, etwa Betroffenen zuzuhören und nicht die eigene Meinung kundzutun. (GEA)