Es ist ein Ärgernis. Und zwar für Ärzte wie für Eltern, die sich morgens in den Wartezimmern versammeln, weil die Temperatur zum Beispiel etwas erhöht ist und die Nase läuft, und man das Kind lieber ein, zwei Tage nicht in die Kita oder die Schule schicken will. Wenn es aber betreut werden muss, keine Oma am Ort wohnt und sich ein Elternteil einen Tag arbeitsfrei nehmen muss, führt am Arztbesuch kein Weg vorbei. Zumindest, wenn man den Anspruch auf Kinderkrankengeld geltend machen will.
Und die Ärzte? Kommen vor lauter kleinen Rotznasen, für die sie Atteste ausstellen müssen, kaum noch dazu, sich so um andere zu kümmern, wie sie es gerne täten: Etwas Temperatur, Nase läuft, zwei Tage zu Hause bleiben, wird vermerkt. So schlau waren die Eltern auch. Darum ist das Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, Eltern und Kinder erst am vierten Tag einer Erkrankung zum Arzt zu schicken, vernünftig. Es wird Ärzte und Familien entlasten. Mütter und Väter wissen in aller Regel, wann sie dennoch besser zum Arzt gehen. »Wir können den Eltern da vertrauen«, meint der Sozialdemokrat.
Vertrauen ist gut. In den allermeisten Fällen ist es ohne Frage gerechtfertigt. Dennoch: Wenn Lauterbach seine Pläne durch den Bundestag und den Bundesrat bringt, sollten die Folgen genau untersucht werden. Die Belastung im Job ist groß. Manche Eltern könnten eben doch versucht sein, sich selbst eine Auszeit zu gönnen, indem sie eine Erkrankung ihres Kindes vortäuschen. Zumindest sollte der Gesetzgeber diese Möglichkeit nicht ganz ausschließen. Grundsätzlich aber spricht viel dafür, die Ärzte von nicht unbedingt notwendigen Aufgaben zu entlasten.