BERLIN. Vor dem Hintergrund möglicher Vetternwirtschaft in seinem Haus lässt Bundesverkehrsminister Volker Wissing die Förderrichtlinien seines Ministeriums überarbeiten. Dies geht aus der Antwort auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Felix Schreiner hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Ziel der Überarbeitung sei die »Verbesserung der administrativen Abläufe bei Förderprogrammen«, heißt es darin. Die Förderstrategie werde seit dem Frühjahr überarbeitet, dies geschehe »unabhängig von dem vorliegenden Fall«. Gemeint sind Medienberichte, wonach der Leiter der Grundsatzabteilung des Ministeriums bei der Vergabe von Fördermitteln für Wasserstoffprojekte Privates mit Dienstlichem vermischt haben könnte. Entkräften konnte das Ministerium diese Vorwürfe bisher nicht.
Nach Recherchen des Handelsblattes geht es dabei vor allem um die Beziehung des Abteilungsleiters zu einem Unternehmer. Beide sollen befreundet sein und auch Skiurlaube gemeinsam verbracht haben. Zugleich bekam der Unternehmer Zusagen für Fördergelder in Höhe von rund 26 Millionen Euro aus einem Wasserstoffprogramm des Ministeriums. Es geht auch um 72,5 Millionen Euro aus dem Ministerium, mit denen der Unternehmer ein Wasserstoffzentrum in Niederbayern aufbauen soll.
Das Verkehrsministerium prüft den Fall, ein Ergebnis liegt noch nicht vor. »Es ist in unserem ureigensten Interesse, dass wir zu allen Vorwürfen, die im Raum stehen, umfangreich Aufklärung betreiben können, um hier nicht das Bild behaften zu lassen, dass hier etwas im Unreinen wäre. Wenn dem so wäre, dann würden selbstverständlich auch die entsprechenden Konsequenzen getroffen«, sagte ein Sprecher.
Vergabe von Steuergeld
Schreiner erklärte dazu: »Die Angelegenheit ist noch nicht vom Tisch.« Offensichtlich gebe es innerhalb des Bundesverkehrsministeriums weiterhin Klärungsbedarf. »Anders ist die laufende Überprüfung des Förderverfahrens nicht zu deuten.« Aller Voraussicht nach wird sich der Verkehrsausschuss des Bundestages nach der Anfang September endenden Sommerpause mit dem Vorgang befassen.
Bereits in der letzten Legislaturperiode hatte das Ministerium erklärt, seine Korruptionsprävention maßgeblich gestärkt zu haben. Das Verfahren »zur Feststellung besonders korruptionsgefährdeter Arbeitsgebiete im gesamten Geschäftsbereich« sei neu ausgerichtet und die Fachaufsicht gestärkt worden, hieß es kurz vor der Bundestagswahl. Zuvor hatte der Bundesrechnungshof Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung des Ministeriums gerügt. Offenbar gibt es nun weiteren Handlungsbedarf bezüglich der nachvollziehbaren Vergabe von Steuergeld.
»Der Bundesverkehrsminister muss vollständig und transparent nachweisen, dass persönliche Beziehungen keine Rolle bei der Vergabe von Fördergeldern im Rahmen der Wasserstoffstrategie spielten«, sagte der Abgeordnete Schreiner, der unter anderem Mitglied im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur des Bundestages ist. Der Baden-Württemberger erinnerte an den Fall des Staatssekretärs Patrick Graichen, der nach Vorwürfen der Vetternwirtschaft von seinem Chef Robert Habeck (Grüne) in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde. Es darf nun »keine Anzeichen mehr von Einflussnahme geben«, sagte Schreiner. »Jeder Verdacht muss umgehend und ohne Lücken durch das jeweilige Ministerium aufgearbeitet werden. Ansonsten droht eine weitere Glaubwürdigkeitskrise gegenüber der Politik und dem Staat insgesamt.«
Unklare Grundlage
Spannend ist vor diesem Hintergrund weiterhin die Frage, auf welcher Grundlage der Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband in den Genuss von Steuermitteln gekommen ist. Da geht es unter anderem um 1,4 Millionen Euro für das »Innovationscluster HyMobility«. Es soll ein Netzwerk und eine Innovationsplattform schaffen, um die Wasserstoff-Mobilität voranzutreiben.
In der Antwort des Ministeriums heißt es dazu, entsprechende Fördermittel würden im Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoff und Brennstoffzellentechnologie (NIP) vergeben. In den NIP-Förderrichtlinien ist die Förderung von Lobbyverbänden allerdings überhaupt nicht explizit vorgesehen. (GEA)