REUTLINGEN. Ungarn wurde vom Europäischen Gerichtshof zu einer Strafe von 200 Millionen Euro plus einer Million Euro pro Tag Verzug verurteilt, weil sich die populistische Regierung von Viktor Orban nicht an die EU-Asylgesetze hält. Die Strafe ist die Rechnung dafür, dass Orban nur dann Teil der EU sein will, wenn Fördergelder verteilt werden und ihm die Gemeinschaftspolitik in seine Agenda passt. Ansonsten versucht die ungarische Regierung durch Annäherung an China und Russland Vorteile für das kleine Land herauszuschlagen. Das ist zwar legitim, aber auch gefährlich, weil es das Vertrauen der Partner aufs Spiel setzt.
Ungarn spielte 1989 eine wichtige Rolle bei der deutschen Wiedervereinigung, als es seine Grenze nach Österreich für DDR-Flüchtlinge öffnete. Das Nachbarland der Ukraine, das 1956 nur mit militärischer Gewalt durch die Sowjetunion im Ostblock gehalten wurde, hat kein wirkliches Interesse daran, aus der EU auszutreten. Falls doch, sollte das Land nach Großbritannien schauen, wo die Versprechungen der Brexit-Fraktion derzeit an der wirtschaftlichen und politischen Realität zerbrechen.
Gesetze sind einzuhalten. Das gilt in Demokratien auch dann, wenn sie politisch unbequem sind. Das gilt für den Haushalt der Ampel-Koalition ebenso wie für die Asylgesetze Ungarns. Es ist deshalb gut, dass der Europäische Gerichtshof mit seinem Urteil ein klares Zeichen gesetzt hat. Statt über sich über das Urteil aufzuregen, sollte Ungarns Ministerpräsident bedenken, dass die Alternative zum Team Europa die Autokraten Xi und Putin sind. Wegen des nationalen Traumas - russische Panzer, die durch Budapest rollen - kann das für Ungarn keine echte Option sein. Deshalb muss er sich an demokratische Regeln halten und Gerichtsurteile akzeptieren.