WÜRZBURG. Dass die Rente allein nicht mehr ausreicht, um den Lebensstandard im Alter zu garantieren, ist ein alter Hut. Doch wie man sich privat richtig absichert, ist für viele ein Problem. Zudem unterschätzen viele Bürger, wie lange sie vorsorgen müssen und gehen bei der Lebenserwartung von falschen Annahmen aus. Das berichtet Gundula Roßbach, Präsidentin der Rentenversicherung, bei einem Presseseminar in Würzburg. Fragen und Antworten zur Alterssicherung.
- Wie schätzen die Menschen ihre Lebenserwartung ein?
Eine aktuelle Forsa-Studie, die im Auftrag der Versicherungswirtschaft erstellt wurde, zeigt, dass die individuelle Lebenserwartung in Deutschland meist zu niedrig eingeschätzt wird. Nur etwa ein Drittel aller 18- bis 57-Jährigen gaben ihre individuelle Lebenserwartung im Vergleich zur amtlichen Statistik in etwa zutreffend an. 34 Prozent schätzen dagegen ihre persönliche Lebenserwartung um drei bis neun Jahre zu niedrig ein, 19 Prozent sogar um zehn oder mehr Jahre.
Interessanterweise vertun sich die Älteren am meisten. »Die Unterschätzung der tatsächlichen Lebenserwartung liegt bei den rentennahen Jahrgängen sogar noch etwas höher als bei den Jüngeren«, sagt Gundula Roßbach, Präsidentin der Rentenversicherung.
- Welche finanziellen Folgen hat eine längere Lebenserwartung?
Eine Beispielrechnung der Rentenversicherung illustriert sehr eindrücklich die finanziellen Folgen einer höheren Lebenserwartung für die Alterssicherung. In dem Beispiel hat jemand im Verlaufe seines Erwerbslebens ein Vermögen von 300.000 Euro für die Alterssicherung angehäuft. Wenn diese Person bei Eintritt in den Ruhestand davon ausgeht, noch eine Lebenszeit von zwanzig Jahren vor sich zu haben, kann er – bei statischer Betrachtung, also ohne weitere Verzinsung oder Geldentwertung – aus dem Vermögen monatlich 1.250 Euro zur Finanzierung des Lebensunterhaltes entnehmen. Rechnet man dagegen bei Ruhestandsbeginn damit, noch 25 Jahre Lebenszeit vor sich zu haben, könnten aus dem angesparten Vermögen pro Monat nur 1.000 Euro entnommen werden.
Wer also davon ausgeht, dass er noch 20 Jahre lebt und monatlich 1.250 Euro aus seiner Alterssicherung entnimmt, geht das Risiko ein, dass er keine weiteres Vermögen mehr hat, falls er doch länger leben sollte. Wer dieser Risiko nicht eingehen will, muss auf Konsum verzichten und sich mit 1.000 Euro monatlich begnügen. »Die Nutzung des Vorsorgevermögens in einer Weise, dass unabhängig von der individuellen Lebenszeit auf jeden Fall lebenslang Mittel zur Verfügung stehen, ist deshalb eine unverzichtbare Komponente von Alterssicherung«, sagt Gundula Roßbach.
- Wie hoch ist die aktuelle Lebenswartung in Deutschland?
Von den heute 67-jährigen Männern werden nach der aktuellen Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes immerhin 36 Prozent älter als 87 Jahre, bei den Frauen sind es sogar 52 Prozent.
- Was plant die Bundesregierung mit Blick auf die private Altersvorsorge?
Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP hat wegen der Schwächen der heutigen Riester-Rente im Koalitionsvertrag vereinbart, die private Altersvorsorge grundlegend zu reformieren. Dafür wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die den Namen »Fokusgruppe private Altersvorsorge« trägt. Die Kommission hat im Juli mehrere Produkte vorgeschlagen, mit denen die Vorsorger je nach eigener Risikobereitschaft auch mehr Rendite herausholen können sollen. Im Abschlussbericht heißt es: »Um mehr Flexibilität in der Verwendung der privaten Altersvorsorge und befristet höhere Auszahlungsbeträge zu ermöglichen, könnte auf eine verpflichtende (…) Absicherung des Langlebigkeitsrisikos (…) verzichtet werden.« Ermöglicht werden sollten unter anderem zeitlich befristete »Auszahlungspläne ohne Restverrentung«.
- Was kritisiert die Rentenversicherung an dem Vorschlag der Regierung?
Roßbach kritisiert die Empfehlung der Gruppe, nach der es auch Verträge geben soll, mit denen man nicht mehr über die ganze Zeit des Ruhestands Bezüge erhalten soll. Um befristet höhere Auszahlungsbeträge zu ermöglichen, könnte demnach auf eine verpflichtende Absicherung des Risikos eines langen Lebens verzichtet werden.
So eine »Zeitrente«, bei denen die Zahlungen nach einigen Jahren eingestellt würden, seien »keine Form der Alterssicherung ein Leben lang«, sagte Roßbach in Würzburg. Es handele sich allenfalls um eine »Altersabschnittssicherung«. Roßbach: »Wenn dann jedoch in höherem Alter die Zahlung wegfällt, entsteht ein entsprechendes Versorgungsdefizit.«
- Warum ist überhaupt eine Reform der Riester-Verträge notwendig?
Eine Reform der privaten Altersvorsorge soll es deshalb geben, weil immer weniger neue Riester-Verträge abgeschlossen werden. Viele zahlen auch nicht weiter in ihre Riester-Verträge ein. Kritik gibt es aber auch an den hohen Gebühren bei Riester-Verträgen sowie an der schlechten Rendite. Die Rentenversicherung stellt sich grundsätzlich hinter die Riester-Verträge. Wegen der vielen Zulagen sei diese Form der privaten Altersvorsorge ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen Altersarmut, da es sich speziell auch an Personen mit geringem Einkommen wende, sagt Roßbach. (GEA)