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Aktuell Katastrophen

Sinnvoll versichern gegen Hochwasser

Notwendig wäre eine Elementarschadenversicherung. Diese hat aber nur jeder Zweite abgeschlossen

Die Überflutungen richten in Deutschland derzeit wieder immense Schäden an. Eine Pflichtversicherung ist im Gespräch.  FOTO: THE
Die Überflutungen richten in Deutschland derzeit wieder immense Schäden an. Eine Pflichtversicherung ist im Gespräch. FOTO: THELEN/DPA
Die Überflutungen richten in Deutschland derzeit wieder immense Schäden an. Eine Pflichtversicherung ist im Gespräch. FOTO: THELEN/DPA

BERLIN. Die Überschwemmungen im Saarland hinterlassen an vielen Gebäuden hohe Schäden. Fachleute rufen deshalb Immobilienbesitzer dazu auf, zu prüfen, ob auch für ihr Gebäude ein ausreichender Versicherungsschutz besteht. Denn dies ist im Fall von Hochwasser nicht selbstverständlich.

Die meisten Immobilienbesitzer haben eine Wohngebäudeversicherung. Diese schützt nach Auskunft des Gesamtverbandes der Versicherer gegen Schäden, die durch Sturm, Blitz oder Hagel entstehen. »Sie zahlt beispielsweise, wenn ein Orkan das Dach abdeckt«, nennt der Verband ein Beispiel. Viele haben häufig auch eine Hausratversicherung abgeschlossen, die für Schäden am Mobiliar aufkommt.

Das Problem: Insbesondere die Wohngebäudeversicherung kommt im Normalfall nicht für Schäden auf, die durch Hochwasser, Starkregen, Schneedruck, Lawinen, Erdrutsche, Erdabsenkungen und Erdbeben entstehen. »Wer sein Haus oder Inventar auch dagegen absichern will, braucht den erweiterten Naturgefahrenschutz, eine Elementarschadenversicherung«, erklärt der Verband.

Vorbildlicher Südwesten

Bei der Absicherung gegen Elementarschäden wie Hochwasser klaffen im Versicherungsschutz deutschlandweit aber große Lücken: »Die Absicherung von privaten Gebäuden gegen Naturgefahren ist nach wie vor nicht ausreichend«, sagt Claudia Frenz, Pressereferentin des Bundes der Versicherten. »Bundesweit ist nur rund jedes zweite Gebäude gegen Elementarschäden versichert.« Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen berichtet, dass bundesweit nur rund 46 Prozent aller Privathäuser eine Absicherung zum Beispiel gegen Hochwasser und Überschwemmungen haben. Eine Ausnahme ist Baden-Württemberg, wo 94 der Hausbesitzer versichert sind. Hier bestand bis 1994 eine Versicherungspflicht.

Der Bund der Versicherten rät Immobilienbesitzern deshalb dringend, neben der Wohngebäudeversicherung auch eine Elementarschadenversicherung abzuschließen. Dieser Schutz ist häufig als Zusatzbaustein zur bestehenden Wohngebäude- oder Hausratversicherung zu bekommen.

Die Kosten halten sich in vielen Fällen in Grenzen: »Eine Elementarschadenversicherung kann man bereits für weniger als 100 Euro im Jahr bekommen«, berichtet das bayerische Wirtschaftsministerium. »Selbst mehrere Hundert Euro im Jahr sind zur Absicherung eines Hauses im Wert von mehreren Hunderttausend Euro nicht zu teuer.« Üblich ist dem Bund der Versicherten zufolge aber ein Selbstbehalt: Beispielsweise müssen Versicherte zum Beispiel für zehn Prozent des Schadens, maximal aber 5.000 Euro, selbst aufkommen.

Ob und zu welchen Konditionen sich eine Versicherung für eine Elementarschadenversicherung findet, richtet sich laut Verbraucherzentrale nach der Lage des Hauses: Deutschland ist hier in Risikozonen aufgeteilt. Dieses Zonierungssystem für Überschwemmungen, Rückstau und Starkregen – kurz ZÜRS – kennt vier Klassen: Klasse 1 bedeutet eine »sehr geringe Gefährdung«, hier treten im Schnitt seltener als alle 200 Jahre Hochwasser auf. Klasse 2 steht für eine »geringe Gefährdung«, hier gibt es statistisch nur einmal in 100 bis 200 Jahren ein Hochwasser, höhere Deiche schützen die Gebäude. In Klasse 3 finden sich Gebäude mit »mittlerer Gefährdung« und einem Hochwasser einmal in zehn bis 100 Jahren. Schließlich steht Klasse 4 für eine »hohe Gefährdung«, statistisch tritt hier einmal in zehn Jahren ein Hochwasser auf.

Der Versicherungswirtschaft zufolge sind in diesem System 99 Prozent der Gebäude in Deutschland versicherbar. Trotzdem kann es dem Bund der Versicherten zufolge vorkommen, dass Immobilienbesitzer außen vor bleiben und keine Versicherung finden: »Bei Gebäuden in Risikogebieten kann es sehr schwierig werden, einen erschwinglichen Versicherungsschutz zu erhalten«, warnt Frenz im Gespräch mit unserer Zeitung.

»Einige Gesellschaften scheuen das hohe Risiko – und viele Versicherer bieten diesen Schutz in gefährdeten Gebieten nur gegen hohe oder sehr hohe Prämien und/oder hohe Selbstbeteiligungen an«, erklärt sie. »War das Gebäude bereits einmal von einem Elementarschaden betroffen, ist ein neuer Versicherungsvertrag unter Umständen gar nicht zu bekommen.« (GEA)

UNWETTER

Union fordert Pflichtversicherung gegen Naturkatastrophen

Angesichts der Zunahme von Überschwemmungen nach Starkregen fordern CDU und CSU die Einführung einer Pflichtversicherung für Schäden durch Naturkatastrophen. »Die Union im Bundestag schlägt vor, dass neue Wohngebäudeversicherungen verpflichtend nur noch mit einer Absicherung für Elementarschäden angeboten werden«, sagte der Fachsprecher für Verbraucherschutz, Volker Ullrich, unserer Redaktion. Versicherte müssten allerdings die Möglichkeit haben, diese Option abzuwählen, nachdem man sie über das Risiko belehrt habe, den Schaden selbst tragen zu müssen. Die Ministerpräsidentenkonferenz der Länder (MPK) hat die Ampel-Regierung zur Einführung einer solchen Pflichtpolice aufgefordert. SPD und Grüne stehen dem Vorhaben grundsätzlich offen gegenüber. Justizminister Marco Buschmann (FDP) ist dagegen. Derzeit haben nur die Hälfte der Haus- und Wohnungseigentümer eine Wohngebäudeversicherung, die auch Elementarschäden abdeckt. Das Problem wird jedoch immer gravierender. Laut einer aktuellen Befragung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht stieg die Bruttobelastung für die Versicherer im Vergleich zu 2021 von 8,2 auf rund 9,4 Milliarden Euro. Für die Union ist eine Pflichtversicherung mit Abwahlrecht deshalb erforderlich, weil in Gegenden mit einer hohen Belastung die Prämien exorbitant steigen könnten, »sodass Menschen möglicherweise darauf verzichten, diese Versicherung abzuschließen und gleichzeitig darauf vertrauen, dass der Staat im Schadensfall einspringt«, wie Ullrich erklärte. Damit müssten dann »letztlich alle Steuerzahler für individuelle Schadensereignisse eintreten«. Die MPK kritisiert das bisherige »zögerliche Vorgehen« der Bundesregierung. Länderchefs wie Daniel Günther in Schleswig-Holstein wollen verhindern, dass Betroffene »nach Hochwasserkatastrophen oder anderen Großschadensereignissen vor dem finanziellen Ruin stehen und die Schäden dann von der Solidargemeinschaft getragen werden müssen«. (GEA)