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Schutzzölle treiben Scholz und Macron auseinander

Frankreichs Präsident und der Bundeskanzler sind in vielen Themen völlig verschiedener Ansicht

In Sachen Schutzzölle für chinesische E-Autos sind sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz (rec
In Sachen Schutzzölle für chinesische E-Autos sind sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz (rechts) nicht einig. FOTO: KAPPELER/DPA
In Sachen Schutzzölle für chinesische E-Autos sind sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz (rechts) nicht einig. FOTO: KAPPELER/DPA

BERLIN. Das Ringen um Schutzzölle auf chinesische Elektroautos stellt die ohnehin belastete deutsch-französische Beziehung vor eine zusätzliche Probe. Während Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gemeinsam mit der ihm eng verbundenen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen für die Verstärkung der Zollschranken plädiert, steht Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dagegen. Die Zölle berühren die Kern-Interessen der deutschen Wirtschaft, die Bosse von BMW, Mercedes Benz und Volkswagen lehnen sie rundheraus ab, weil sie chinesische Vergeltung fürchten.

Der Streit droht nun auch den dreitätigen Staatsbesuch Macrons in Deutschland zu überschatten, der am Sonntag in Berlin begann. Die Liste strittiger Punkte ist ohnehin bereits lang – ob europäische Bodentruppen in der Ukraine, gemeinsame EU-Schulden oder Rüstungsprojekte. Die im Raum stehenden Schutzzölle auf den Import chinesischer Elektrowagen kommen jetzt akut hinzu.

In Brüssel läuft derzeit eine Untersuchung, ob China mit Subventionen für seine Autohersteller den fairen Wettbewerb verletzt. Die Handelspolitik liegt in den Händen der Europäischen Union. Das Ergebnis der Prüfung wird spätestens am 4. Juli vorgelegt. Von der Leyen verwies am Sonntag darauf, dass die Untersuchung noch laufe und sie mit Peking bereits über unrechtmäßige Vorteile für chinesische Hersteller gesprochen habe. »Wir mögen Wettbewerb, wir mögen Handel, aber er muss schon fair sein«, sagte die CDU-Politikerin.

Doch ob die Untersuchung tatsächlich ergebnisoffen ist, daran gibt es erhebliche Zweifel. EU-Handelskommissar Valdis Dombrovski hat bereits angedeutet, dass die Europäer noch vor der Sommerpause die Zölle für chinesische E-Autos erhöhen könnten. Sie stiegen dann von heute zehn Prozent auf 25 bis 30 Prozent. Auch der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im Europaparlament, Manfred Weber, plädiert für eine härtere Gangart gegenüber China. »Die Losung ›Wandel durch Handel‹ ist gescheitert. Wir brauchen keine nationalen Alleingänge, sondern eine kraftvolle EU-Strategie gegenüber China. Ansonsten wird China die Spielregeln der Weltwirtschaft immer mehr bestimmen«, sagte Weber unserer Redaktion.

Bundeskanzler Scholz hatte Mitte Mai vor einer Abschottung der Märkte durch Zollschranken gewarnt. »Protektionismus macht am Ende alles nur teurer«, sagte er. »Was wir brauchen, ist ein fairer und ein freier Welthandel.« China hat bereits mit Gegenmaßnahmen gedroht, sollte die EU die Ausfuhr von E-Autos erschweren. Das würde vor allem die deutschen Konzerne treffen. Zwar haben sie eigene chinesische Fabriken, aber gerade hochpreisige Luxusmodelle wie die S-Klasse von Mercedes oder der BMW 7er werden in Deutschland produziert und nach Osten verschifft. Gleiches gilt für Porsche. BMW-Chef Oliver Zipse hatte neulich vor einem Abschottungswettlauf gewarnt. »Protektionismus setzt eine Spirale in Gang. Zölle führen zu neuen Zöllen«, mahnte Zipse.

Im ersten Quartal dieses Jahres kamen chinesische E-Autos in Europa auf einen Marktanteil von gut 20 Prozent. Die Modelle sind häufig günstiger als die der europäischen Konkurrenz. US-Präsident Joe Biden hatte jüngst die Zölle auf importierte chinesische E-Wagen auf 100 Prozent vervierfacht. Für Europa könnte das bedeuten, dass für den US-Markt vorgesehene Autos Richtung EU umgelenkt werden und der Druck auf die heimischen Hersteller noch größer wird. (GEA)