VON JOACHIM BAIER
Die Ankündigung von Barack Obama, auf den in Osteuropa geplanten Raketenschild zu verzichten, überrascht nicht. Sie war überfällig. Bereits im März, kurz nach seiner Wahl, hatte der US-Präsident Moskau einen Verzicht der umstrittenen Raketenabwehr in Aussicht gestellt. Die Offerte blieb ohne Folgen.
Jetzt macht Obama ernst mit dem Raketenstopp. Offiziell wird begründet, die Gefahr durch iranische Atomraketen - gegen die der Schutzschild gedacht ist, sei derzeit nicht so groß, wie befürchtet. Die Iraner, so die Analyse von amerikanischen Sicherheitsexperten, arbeiten gar nicht an Langstreckenraketen, mit denen sie Europa gefährlich werden könnten.
Statt Abwehrraketen in Polen und einem Radar in Tschechien wollen die Amerikaner nun lieber auf kleinere und effektivere Defensivsysteme setzen, die vor Kurz- und Mittelstreckenraketen schützen. Der notwendige Strategiewechsel sorgt zunächst für Verdruss bei den neuen Verbündeten in Osteuropa. Aber die Klagen aus Prag und Warschau werden übertönt vom Beifall aus Berlin und Wien, sogar das Nato-Hauptquartier in Brüssel applaudiert.
Mit dem Verzicht auf den Raketenschild setzt der US-Präsident einen Schlussstrich unter die als hart und bevormundend empfundene Außenpolitik seines Vorgängers George W. Bush. Das Verhältnis der USA zu Russland kann sich durch Obamas mutigen Schritt nur verbessern. Will der US-Präsident Teheran zur Aufgabe seiner Atompläne bewegen, braucht er die Unterstützung Russlands.
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