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Klage für mehr Unterricht

An Gymnasien fallen mehr Stunden aus als an anderen Schularten. Elternvertreter aus dem Regierungspräsidium Stuttgart wollen das nicht länger hinnehmen

FOTO: DPA Foto: Deutsche Presse Agentur
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STUTTGART/REUTLINGEN. Was für Schüler ein Grund zur Freude ist, ist für die Eltern ein Ärgernis: Unterrichtsausfall. In den ersten neun Schulwochen des Jahres hat der Unterricht an Gymnasien im Regierungspräsidium Stuttgart in 13,49 Prozent der Fälle nicht regulär stattgefunden. In 5,68 Prozent der Fälle gab es Vertretungsunterricht, in 7,81 Prozent fiel der Unterricht komplett aus. Das ergab eine Umfrage der Elternvertreter an Gymnasien (ARGE) aus dem Regierungspräsidium Stuttgart.

Forderung nach mehr Stellen

Die offiziellen Zahlen sehen nur leicht besser aus. Da bei den Schulbehörden Vertretungsstunden nicht als Unterrichtsausfall gewertet werden, fallen so an Gymnasien 5,4 Prozent der Stunden aus. In anderen Schularten sind es dagegen 3,6 Prozent. Somit sind Gymnasien in Baden-Württemberg von mehr Unterrichtsausfall betroffen als andere Schularten. Die ARGE-Stuttgart spricht gar von einem G-7 statt eines G-8. Die Eltern haben die Nase voll. Sie glauben, nur eine Klage gegen das Kultusministerium kann Ministerin Susanne Eisenmann dazu zwingen, den Unterrichtsausfall ernsthaft anzupacken.

Eisenmann verweist aber auf den Lehrermangel und auf die Maßnahmen zur Ausbildung von Lehrern, die das baden-württembergische Kultusministerium bereits auf den Weg gebracht habe.

Das alles sieht Michael Mattig-Gerlach, Vorsitzender der ARGE-Stuttgart, als unzureichend an: »Wie soll die Ausbildung von Informatiklehrern an den Unis helfen, gegen den heutigen Unterrichtsausfall vorzugehen?«, fragt er. Zudem sei es gar nicht so, dass Lehrer fehlten. Es gebe genügend Lehrer, aber einfach nicht genügend Stellen. »Die Gewerkschaften und auch wir Elternvertreter fordern seit Langem, dass die Lehrerversorgung der Schulen auf 110 Prozent angehoben wird«, sagt Mattig-Gerlach. Stattdessen gebe es nur eine Versorgung von 102,5 Prozent. Die 2,5 Prozent an Lehrerstellen, zur Überbrückung von Krankheitsfällen, seien aber schon zu Beginn des Schuljahres aufgebraucht.

Die Maßnahmen von Kultusministerin Eisenmann sieht er nur als Strategie, die Eltern zu beruhigen, bis zu den nächsten Wahlen – oder bis die Kinder aus der Schule heraus sind. Doch das wollen sich die Eltern nicht mehr bieten lassen.

Für die Klage gegen das Kultusministerium sei nun ein Einzelfall gefunden worden, anhand dessen die Elternvertreter hoffen, ein Grundsatzurteil zu erwirken. Genaueres wollen Mattig-Gerlach und seine Mitstreiter am Freitag bekannt geben.

Sein Kollege der ARGE aus dem Regierungspräsidium Tübingen, Stephan Ertle, hat bereits Erfahrung mit Klagen gegen das Kultusministerium. Er steckt gerade mit dem Elternverband »Eltern für Elternrechte« im Prozess um die Kosten für die Beförderung zur Schule. Mehrere Jahre – und teure Gutachten – habe es gedauert, bis die Klage zur Schülerbeförderung überhaupt vor Gericht landete. Daher rät er seinem Kollegen aus Stuttgart, einen langen Atem und gute Anwälte zu haben. Generell unterstützt er die Stuttgarter Elternvertreter aber: »Wir sind für alles, was das Schulsystem besser macht.«

Umgang mit Lehrern bemängelt

Auch er sieht das Problem des Unterrichtsausfalls an Gymnasien. Neben den fehlenden Lehrerstellen hat er noch andere Gründe für den Unterrichtsausfall ausgemacht: »Die Lehrerausbildung in Baden-Württemberg ist gut. Aber der Umgang mit den Lehrern ist schlecht«, sagt er. Dass Lehrer vor den Sommerferien regelmäßig entlassen werden und dass Nachbarländer, wie die Schweiz, Lehrer sehr viel besser bezahlten, führte dazu, dass junge Lehrer aus Baden-Württemberg abwanderten. »An der Bildung wird gespart«, sagt er. Das müsse Kultusministerin Eisenmann anpacken. Aber dafür sieht er aktuell keine Anzeichen. (GEA)