GEA: Herr Hauk, das Ja der Stuttgart-21- Befürworter ist eindeutig ausgefallen. Ist der Konflikt damit befriedet?
Hauk: Davon gehe ich aus. Und sollte es nicht so sein, sind die Grünen aufgefordert, alles dafür zu tun, damit sich die Gegner des Bahnprojekts an das demokratische Votum halten.
Profitiert die CDU vom Ergebnis der der Volksabstimmung?
Hauk: Am meisten profitieren werden die Bürger in Baden-Württemberg.
Grün-Rot hat durch das Referendum ihren Hauptkonflikt entschärft. Wird für Sie die Oppositionsarbeit nun schwieriger?
Hauk: Die Bewährungsprobe für die Grünen kommt erst noch. Und zwar durch die Umsetzung des Bürgervotums. Man kann gespannt sein, ob es einen echten Kurswechsel geben wird. Es reicht nicht aus, dass die Regierung Stuttgart 21 konstruktiv-kritisch begleitet, sondern es geht um offensiv-fördernd. Es darf jetzt keine weitere Verhinderungsstrategie geben.
Welche Verhinderungsstrategien sehen Sie bei den Grünen?
Hauk: Das letzte halbe Jahr war von Verhinderungsstrategien geprägt. Gerade Verkehrsminister Winfried Hermann hat alles getan, um die Fakten zu verdrehen. Die Zahl seiner Wendungen ist sagenhaft. Wir erwarten, dass er jetzt endlich das Projekt fördert und dass Stuttgart 21 möglichst schnell gebaut wird.
Fordern Sie den Rücktritt von Verkehrsminister Hermann?
Hauk: Ich sehe keine Veranlassung, ihn zum Rücktritt aufzufordern. Es sind die Grünen, die das Thema direkte Demokratie wie eine Monstranz vor sich hertragen. Wir wollen jetzt wissen, ob sie imstande sind, auch ein Votum umzusetzen, das gegen ihre politische Überzeugung ist. Das ist die eigentliche Bewährungsprobe - auch für den Verkehrsminister.
Wie werden sie das überprüfen?
Hauk: Das Bürgervotum für Stuttgart 21 ist ein Kontrollauftrag für uns. Deshalb werden wir die Regierung und vor allem Verkehrsminister Hermann Woche für Woche daran messen, wie intensiv er Stuttgart 21 umsetzt.
Die Südwest-CDU nimmt also Verkehrsminister Winfried Hermann in den Fokus?
Hauk: Der Verkehrsminister stand schon immer unter Beobachtung und diese wird nun weiter intensiviert.
Rechnen sie mit massiven Polizeieinsätzen, wenn die Bauarbeiten für das Verkehrsprojekt Stuttgart 21 im Januar beginnen?
Hauk: Die Frage ist, ob es überhaupt einen Polizeieinsatz geben muss. Die Geister, die gerufen wurden, sollten auch von denen gebannt werden, die sie geholt haben. Da stehen vor allem Ministerpräsident Kretschmann und Verkehrsminister Hermann in der Pflicht. Sie müssen auf die Projektgegner deeskalierend einwirken. Auch der BUND ist hierbei gefordert. Von den Grünen als Partei fordere ich des Weiteren, dass sie jetzt aus dem Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 austreten.
Grün-Rot will die direkte Demokratie ausbauen und das Quorum für Volksentscheide senken. Werden Sie das unterstützen?
Hauk: Dafür besteht derzeit gar kein Anlass. Bevor wir über ein niedrigeres Quorum reden, muss der Volksentscheid umgesetzt werden. Natürlich wollen auch wir kritische Köpfe besser in Planungsprozesse und Verfahren einbeziehen. Ziel muss es sein, dass es zu kritischen Situationen wie bei Stuttgart 21 erst gar nicht mehr kommt. Das Thema Bürgerbeteiligung bedarf aber eines intensiven und intelligenten Verfahrens, Schnellschüsse sind hierbei fehl am Platz. Nur das Quorum in den Blick zu nehmen, wie das die Regierung plant, reicht für uns nicht aus.
Zurück zur Südwest-CDU. Wie wollen Sie sich nach der Wahlniederlage neu aufstellen?
Hauk: Für uns war Opposition ungewohnt, aber wir haben mittlerweile diese Rolle angenommen. Unser Ziel ist es, keine Radikal-Opposition zu machen, sondern einen konstruktiven Kurs einzuschlagen.
Ist das eine Abkehr von der Basta-Politik von Stefan Mappus, die als ein Grund für die Wahlniederlage gilt?
Hauk: Ich halte nichts von Schuldzuweisungen. Wir machen zuerst einmal eine fundamentale Wahlanalyse. Dabei stellen wir bisher fest, dass die CDU in manchen Bevölkerungsgruppen zu wenig vertreten ist. Wir haben Nachholbedarf bei Frauen und beim Bildungsbürgertum. Außerdem glauben unsere Anhänger, wir seien zu wirtschaftslastig und zu wenig sozial. Im nächsten Jahr wollen wir uns in diesen Punkten neu justieren.
Stefan Mappus hat seinen Job bei Merck aufgegeben, um seinen politischen Ruf zu verteidigen. Wird die CDU ihn dabei unterstützen?
Hauk: Ich begrüße es, dass sich Stefan Mappus von der Verschwiegenheitspflicht als Ex-Ministerpräsident entbinden lassen will. Nur so kann er Fragen von Dritten zum EnBW-Rückkauf beantworten. Für uns stellen sich derzeit keine Fragen, da er uns seine Beweggründe erläutert hat. Wir begrüßen es, dass er sich an der Diskussion aktiv beteiligt. Stefan Mappus hat sich entschieden, dass er dem Landtag nicht weiter angehören will und seine Zukunft außerhalb der Politik sucht. Damit ist aber auch klar, dass die, die in der Politik bleiben, den Kurs der CDU bestimmen. (GEA)
