BERLIN. Abgelehnte Asylbewerber sollen in Zukunft schneller aus Deutschland abgeschoben werden können. »Unser umfassendes Gesetzespaket für mehr und schnellere Rückführungen von Menschen ohne Bleiberecht kann noch im Januar im Deutschen Bundestag beschlossen werden«, kündigte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) gegenüber unserer Redaktion an. »Damit zeigen wir sehr deutlich: Wir handeln, um die irreguläre Migration zu begrenzen.«
Meiste Asylanträge seit 2015
Die Bundesregierung reagiert damit auf die hohen Asylbewerberzahlen von zuletzt deutlich über 300.000 pro Jahr – das ist der höchste Wert seit der Flüchtlingskrise 2015/2016. Um ihre Abschiebung zu erleichtern, sollen Ausreisepflichtige künftig vor einer Abschiebung nicht nur zehn, sondern bis zu 28 Tage in Gewahrsam genommen werden können. Außerdem will die Koalition den Ländern, die für die Abschiebungen zuständig sind, das Durchsuchen von Wohnungen und Datenträgern zur Identitätsfeststellung erleichtern sowie Straftäter und Gefähr-der schneller abschieben lassen.
»Wir haben für neue Klarheit in der Migrationspolitik gesorgt«, betonte Faeser. »Wir schützen Menschen vor Krieg und Terror. Und wir holen mit unserem Fachkräfteeinwanderungsgesetz qualifizierte Köpfe nach Deutschland, die wir dringend brauchen.« Der entscheidende Schritt nach vorn sei aber das gemeinsame Asylsystem, das die Europäische Union nach Jahren der Spaltung vereinbart habe und das die Verantwortung für Geflüchtete fairer verteile. »Damit entlasten wir auch unsere Kommunen dauerhaft«, sagte Faeser. Künftig könnten Menschen nicht mehr unregistriert weiterreisen. Asylverfahren für Menschen mit geringer Aussicht auf Schutz würden schon an den Außengrenzen geführt, Betroffene müssen bei einer Ablehnung direkt von dort aus zurückkehren.
Die Außengrenzen der Union würden damit sicherer, betonte auch CSU-Vize Manfred Weber. »Wir werden geschlossene Camps für Geflüchtete einrichten«, sagte der Vorsitzende des konservativen Parteienbündnisses EVP in einem Interview mit unserer Redaktion. »Damit entscheidet der Staat und nicht die Schlepperbanden, wer kommt und wer nicht.« Erstes Ziel müsse es nun sein, dass die Flüchtlingszahlen im Frühjahr nicht wieder so stark steigen wie im vergangenen Jahr. Die europäischen Grünen forderte Weber auf, sich wie ihre Parteifreunde in Deutschland hinter den Asylkompromiss zu stellen. »Wer da nicht mitmacht, macht sich mitverantwortlich für wachsenden Rechtsradikalismus.«
Mehr als eine Million Ukrainer
Nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge haben 2023 rund 329.000 Menschen in Deutschland einen Erstantrag auf Asyl gestellt – etwa 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Hinzu kommen rund 23.000 Folgeanträge; davon spricht man, wenn eine Person nach einem abgelehnten oder zurückgezogenen Asylantrag einen neuen Antrag stellt.
Die meisten Asylanträge stammten von Menschen aus Syrien (104.561), Türkei (62.624) und Afghanistan (53.582). Die mehr als eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine, die seit Kriegsbeginn Ende Februar 2022 nach Deutschland kamen, sind in der Statistik nicht erfasst, denn sie müssen kein Asyl beantragen. Angesichts der Zahlen fordert die Opposition eine Asyl- und Integrationswende. (GEA)