REUTLINGEN. Seit das Bundesverfassungsgericht der bisherigen Regierungspraxis einen Riegel vorgeschoben hatte, mithilfe von mehrjährigen Notfalltöpfen auf die Krisen der vergangenen Jahre zu reagieren, stand die Ampel-Regierung Kopf. Wollten die Koalitionäre noch rechtzeitig bis zum Jahresende einen tragfähigen Haushalt verabschieden, hieß es in zahllosen Nachtschichten um jeden einzelnen der fehlenden 17 Milliarden Euro zu feilschen. Dabei wurden einmal mehr die sehr unterschiedlichen Prioritätensetzungen der ungleichen Partner deutlich, die schon bei den Koalitionsverhandlungen viele am Erfolg der Ampel zweifeln ließen. Doch die Quadratur des Kreises scheint gelungen. Am Ende mussten alle Beteiligen ein paar Kröten schlucken.
Gesichtswahrender Kompromiss für alle Beteiligten
Das Resultat ist ein gesichtswahrender Kompromiss, bei dem alle Beteiligten ihre Kernanliegen aus dem Koalitionsvertrag weitgehend umsetzen können. Die SPD konnte durchsetzen, dass es keine substanzielle Reduzierung sozialer Standards gibt, die Grünen können die zentralen Projekte der klimaneutralen Transformation retten und die FDP kann sich die Einhaltung der Schuldenbremse auf die Fahnen schreiben. Zugleich zwang das Urteil aus Karlsruhe alle Beteiligten dazu, Prioritäten zu setzen und auf einige Wünsche zu verzichten. Gut so! Die Regierung darf im Übermut der notlagengefüllten Geldtöpfe nicht sorglos werden im Umgang mit den hart erarbeiteten Steuergeldern der Bevölkerung.
Klimaschädliche Subventionen abbauen spart doppelt
Anstatt allzu großzügig klimafreundliche Technologien zu fördern, will die Regierung nun lieber klimaschädliche Subventionen abbauen. Das rechnet sich gleich doppelt und kann dennoch die gewünschte Lenkungswirkung entfalten. Eine steuerliche Bevorzugung von Agrardiesel und Kerosin ist insbesondere bei Inlandsflügen einfach nicht mehr zeitgemäß. Und das Firmen, die Plastik in Verkehr bringen, dafür zur Kasse geben werden nur folgerichtig. Die Anhebung der CO2-Abgabe auf die von der Vorgängerregierung vorgesehenen 45 Euro stellt natürlich für fast jeden eine Belastung dar. Das ist aber auch so gewollt, soll sie doch zur Vermeidung von Emissionen animieren. Dass der Spritpreis dadurch um rund 1,5 Cent extra steigen wird, könnte ein zusätzlicher Anreiz zum Umstieg auf ein E-Auto sein, wenn die Kaufprämie früher als geplant wegfällt. Allerdings sollte die Regierung nicht vergessen, dass sie den Bürgern die Einnahmen aus der CO2-Abgabe über ein Klimageld eigentlich zurückgeben wollte. Darauf dürften die Bürger angesichts knapper Kassen wohl noch etwas länger warten müssen.