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Diplomaten bleiben die Londoner City-Maut schuldig

Ausländische Botschaften in London schulden Millionen an Gebühren. Auch Deutschland zahlt nicht

Begrenzungszeichen des City-Maut-Gebiets in London. FOTO: RAIN/EPA/DPA
Begrenzungszeichen des City-Maut-Gebiets in London. FOTO: RAIN/EPA/DPA
Begrenzungszeichen des City-Maut-Gebiets in London. FOTO: RAIN/EPA/DPA

LONDON. Das geht jetzt schon seit mehr als 20 Jahren so: Der Bürgermeister von London erstellt eine Liste der diplomatischen Maut-Schuldner, und die Botschafter zucken mit den Achseln und ignorieren ihn einfach. Mittlerweile gehen die Forderungen in die Millionen.

London hat eine City-Maut, die sogenannte Congestion Zone. Jeder Autofahrer, der in diese Verstopfungszone zwischen Hyde Park im Westen und Tower Bridge im Osten hineinfährt, sollte tunlichst eine Staugebühr von 15 Pfund zahlen, nur zwischen Weihnachten und Neujahr kostet es nichts. Wer sie nicht zahlt, wird zu einer Strafgebühr von 180 Pfund, umgerechnet rund 210 Euro, verdonnert. Bei Nicht-Bezahlung gibt es weitere Strafen und Versäumniszuschläge. Da läppert sich schon einiges zusammen, besonders über 20 Jahre. Im Fall der ausländischen Diplomaten, die die Stausteuer nicht zahlen wollen, sind bis dato 143,5 Millionen Pfund zusammengekommen.

Obama ignorierte Strafzettel

Nummer Eins auf der Liste der Maut-Schuldner sind die USA, die mit etwas mehr als 14,6 Millionen Pfund in der Kreide stehen. Selbst der US-Präsident Barack Obama wollte bei seinem Staatsbesuch 2011, als er mit seinem schwarzen Cadillac, »The Beast« genannt, zum Buckingham Palast fuhr, keine Maut zahlen und handelte sich prompt ein Knöllchen ein. Den Bußgeldbescheid hat er ignoriert, schließlich wollte er seinen Diplomaten nicht in den Rücken fallen. Denn der amerikanische Botschafter stellt sich auf den Standpunkt, dass ihn und seine Kollegen das Wiener Übereinkommen schützt, das die diplomatischen Beziehungen zwischen Staaten regelt. »Unsere Position ist«, erklärte am Dienstag eine Sprecherin der US-Botschaft, »dass die Staugebühr eine Steuer ist, von denen diplomatische Missionen aufgrund der Wiener Konvention befreit sind«.

Auch die deutsche Botschaft in London will nicht zahlen, nachdem die Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes zu dem Schluss kam, dass es sich bei der Maut »nach Charakter und Zweck« um eine Steuer handelt. Dabei stehen die Deutschen mit Außenständen von rund 4,6 Millionen Pfund nur auf Platz Zehn der Sündenliste des Bürgermeisters. Auf den ersten fünf Plätzen drängeln sich nach den Amerikanern Japan (10 Millionen Pfund), Indien (8,5), Nigeria (8,3) und China (7,9).

Auch deutsche Botschaft säumig

Sadiq Khan, der qua Amt als Bürgermeister auch Vorstandsvorsitzender der Verkehrsbetriebe »Transport for London« (TfL) ist, sucht jetzt die Hilfe der britischen Regierung, um die Botschaften dazu zwingen zu können, die Staugebühr zu zahlen. »Wir und die britische Regierung«, ließ er eine TfL-Sprecherin erklären, »sind uns einig, dass die Congestion Charge eine Gebühr für eine Dienstleistung ist und keine Steuer. Das bedeutet, dass Diplomaten nicht befreit sind«. Sadiq Khan weiß sich der Unterstützung des britischen Außenminsteriums sicher und will die Angelegenheit vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag bringen, um dort feststellen zu lassen, dass die Mautgebühr keine Steuer ist, sondern ähnlich einzuordnen sei wie eine Brücken- oder Parkgebühr. (GEA)