REUTLINGEN. Die Ampel-Regierung ist zerstritten und genießt bei der Bevölkerung kein gutes Ansehen. Das belegen die sinkenden Zustimmungswerte. Doch eine neue Studie zeigt auch, dass die Halbzeitbilanz der sehr unterschiedlichen Dreier-Regierung gut ausfällt. SPD, Grüne und FDP haben zur Hälfte der Regierungszeit bereits zwei Drittel der Vorhaben umgesetzt oder angepackt, die sie sich im Koalitionsvertrag vorgenommen haben. Den Willen zur Erneuerung kann man der Ampel also nicht absprechen. Sie ist besser als ihr Ruf.
Regieren im Ausnahmezustand
Natürlich muss man der Dreier-Koalition auch zugute halten, dass die ersten zwei Jahre von einem politischen Dauer-Ausnahmezustand gekennzeichnet waren, auf den keine Koalition der Welt vorbereitet sein kann und der extrem viele Kräfte gebunden hat. Doch gerade wegen des Angriffskriegs in der Ukraine, der ständigen Bedrohung durch Russland und dem Wegfall des billigen russischen Gases ist es falsch, den Erfolg einer Regierung am Koalitionsvertrag zu messen, der zu einer Zeit entstand, als von diesen Umbrüchen keine Rede war.
Insofern belegt die Bertelsmann-Studie zur Zwischenbilanz der Ampel-Regierung zweierlei: Einerseits den Reformwillen und Fleiß der Regierung, die trotz aller Widrigkeiten an ihren politischen Vorhaben festhält. Anderseits aber auch das Versäumnis, die alte Agenda umzuwerfen und die Erwartungen der Menschen nach Sicherheit und guten Lösungen in Krisenzeiten zu erfüllen. Der Blick ist immer noch zu sehr nach innen gerichtet. Zu viel Kraft und Zeit ist nötig, um zwischen den drei unterschiedlichen Partnern einen Konsens herzustellen. Schlechte Voraussetzunge fürs Regieren in Krisenzeiten. Auch wenn die Ampel das Beste daraus macht.