REUTLINGEN. Die Politik bekommt es mit der Angst zu tun. Das zeigt die Debatte um den besseren Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor Demokratiefeinden. Aufbau und Rechte des Karlsruher Gerichts sollen im Grundgesetz verankert werden. Dazu fand am Donnerstag eine Debatte im Bundestag statt. Ampel und Union signalisierten Zustimmung. Denn sie fürchten für die Zukunft den verstärkten Einfluss rechts- und linkspopulistischer Parteien.
Das Bundesverfassungsgericht schützt das Grundgesetz, sichert die Grundrechte und begrenzt staatliches Handeln. Solche Kontrollorgane zählen zu den ersten Angriffspunkten autoritärer Regierungen, das zeigen entsprechende Versuche in Polen, Ungarn und Israel. Dass Ampel und Union das höchste deutsche Gericht jetzt gegen Manipulation und Blockade durch Parteien an den politischen Rändern wappnen wollen, ist vorausschauend. Damit sichern sie die letzte Bastion des Rechtsstaats.
Der Vorstoß demonstriert aber auch die Hilflosigkeit der demokratischen Parteien angesichts des Erstarkens von AfD und BSW. Diese Parteien müssten inhaltlich gestellt werden: mit einer besseren Politik, die bei den Bürgern ankommt. Gleichzeitig birgt der Rechtsweg Risiken. Wenn Änderungen bezüglich des Karlsruher Gerichts künftig nur noch mit Zweidrittelmehrheit statt einfacher Mehrheit vorgenommen werden können, dann besitzen umgekehrt kleine Parteien eine Sperrminorität. Damit könnte etwa die AfD die Wahl missliebiger Richter hinauszögern.
Ein Gutes hat die Bundestagsdebatte jedoch: Sie zeigt, dass Ampel-Parteien und Union im Ernstfall noch fähig sind zur Kooperation. (GEA)