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Arbeitsmarkt: Stille Reserve aktivieren

Arbeitsmarkt
Ein Arbeiter auf einer Baustelle. Foto: Marcus Brandt/DPA
Ein Arbeiter auf einer Baustelle.
Foto: Marcus Brandt/DPA

Es ist kein gutes Zeichen, wenn die Zahl der Arbeitslosen im Juni ansteigt. Normalerweise gilt die eherne Regel, dass die Wirtschaft vor der Sommerpause noch mal durchstartet. Doch nun scheint sich die konjunkturelle Flaute auf den Arbeitsmarkt durchzuschlagen.

Dies lässt aufhorchen, galt doch bislang die robust hohe Beschäftigungsquote als Bollwerk gegen den drohenden Wirtschaftsabschwung. Auf der einen Seite würgen die steigenden Verbraucherpreise den privaten Konsum ab. Auf der anderen Seite hemmen die steigenden Zinsen, mit denen sich die EZB gegen die Inflation stemmt, die Investitionen der Unternehmen und der Öffentlichen Hand. Allerdings ist es auch der Mangel an Fachkräften, der den Wirtschaftsmotor zum Stottern bringt.

Abhilfe gibt es derzeit ausschließlich durch Zuzug aus dem Ausland. Währenddessen verfügen von den 1,7 Millionen Arbeitslosen in der Grundsicherung 70 Prozent über keinen Berufsabschluss. 900 000 davon gelten als kaum vermittelbare Langzeitarbeitslose. Diese stille Reserve zu aktivieren, ist das Ziel der zweiten Stufe des Bürgergeldes, die heute in Kraft tritt. Doch Ausbildung und Qualifizierung von Menschen, die teils seit Jahren nicht gearbeitet haben, ist teuer. Und die Staatskasse ist nicht gerade gut gefüllt. Doch auch wenn das Bürgergeld nicht zu den Herzensangelegenheiten der FDP zählt, sollte sich Finanzminister Lindner fragen, ob das Geld hier nicht gut angelegt wäre. Bestünde doch die Chance, aus Empfängern von Transferleistungen produktive Mitglieder der Gesellschaft zu machen – zum Wohle der Wirtschaft und des sozialen Friedens.

 

ulrich.haering@gea.de