Frankfurt/Main (dpa) - »Frühstück im Pelz« ist eines der bekanntesten Kunstwerke des Surrealismus. Die Schöpferin der fellüberzogenen Tasse ist es weniger: Meret Oppenheim. Künstlerinnen dieser Zeit blieben meist »die Frau von...«, andere sind völlig vergessen.
Die Frankfurter Kunsthalle Schirn holt nun 34 Künstlerinnen aus 11 Länden aus dem Schatten ihrer männlichen Weggefährten. »Fantastische Frauen. Surreale Welten von Meret Oppenheim bis Frida Kahlo« läuft vom 13. Februar bis 24. Mai.
Die Kunsthalle hat dafür ihre gesamte Fläche zur Verfügung gestellt. 260 Arbeiten hat Kuratorin Ingrid Pfeiffer ausgewählt - und musste sich dabei stark beschränken, so groß war die Überfülle weiblicher Schaffenskraft, auf die sie bei ihren Recherchen stieß. Die berühmte Felltasse von 1936 ist nicht dabei: Das Kunstwerk ist so bedeutend, dass das Museum of Modern Art in New York, das es gleich nach seiner Entstehung erwarb, niemals verleiht.
Der Rest der Ausstellung aber ist ein wahres Füllhorn. Zu entdecken ist Dora Maar ohne Picasso, Lee Miller ohne Man Ray und zwei Dutzend andere Künstlerinnen, deren Namen in Ausstellungen und Publikationen über den Surrealismus nicht auftauchen. Eine Ausnahme bildet Frida Kahlo. Die mexikanische Künstlerin, die bei einem Busunfall mit einer Eisenstange durchbohrt wurde und lebenslang unter Schmerzen litt, ist unter anderem mit ihrem »Selbstporträt mit Dornenhalsband« vertreten.
Die Kurzbiografien der 34 Künstlerinnen zeigen auch, welch globale Bewegung der Surrealismus war, der eher eine Geisteshaltung war als eine Schule. Es geht um Zufall und Spiel, um Irritation und Fantasie, um Traum und Unbewusstes. Auch wenn Paris das Zentrum des Künstlerkreises um André Breton war, stammen die Künstlerinnen aus aller Welt. Früh erkannt hat das Peggy Guggenheim, die schon 1943 in New York eine »Exhibition by 31 Women« organisierte.
Die Ausstellung wolle dazu beitragen, »ein wesentliches Kapitel der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts zu vervollständigen«, sagte Schirn-Direktor Philipp Demandt. Frauen hätten im Surrealismus eine zentrale Rolle gespielt - quantitativ und qualitativ. Dennoch seien ihre »eigenständigen und vielseitigen Beiträge« bisher nicht genügend gewürdigt worden. Eine Ausnahme bildet Louise Bourgeois, der am Ende des langen schmalen Parcours in Rot ein eigener weißer Raum gewidmet ist.
Sie haben viel gemeinsam: eine freiheitliche Lebensführung, Umbrüche, Umzüge, Krisen, den unbedingten Willen zur Kunst und die Bereitschaft, sich in verschiedenen Medien auszuprobieren. Sie malen und gestalten Objekte, sie fotografieren und drehen Filme, sie schreiben und machen Performances, sie schaffen kollektive Kunstwerke und sind damit »sehr aktuell«, wie Kuratorin Pfeiffer findet. Die rosenbedeckte Kopfmaske, mit der Sheila Legge 1936 durch London lief, zieht eine Linie zu Natascha Sadr Haghighian, die 2019 mit einem Stein auf dem Kopf in Venedig ihren Biennale-Beitrag bewarb.
»Da war nix mit Muse, gar nix«, sagt Pfeiffer. Fast alle hätten eine künstlerische Ausbildung gehabt. »Es ist nicht so, dass diese Frauen keine Chance hatten in ihrer Zeit. Sie wurden nachher rausgekickt aus der Kunstgeschichte.« Daran war der männliche Kern der Surrealisten nicht unschuldig, wie Pfeiffer glaubt. Sie hätten Frauen auf einen Sockel gestellt, sie in ihren Schriften als Göttinnen überhöht, real aber gerade dann oft abgewertet, wenn sie erfolgreicher waren als die Männer selbst. Die Felltasse? Ach, die stamme »vom Meretlein«, habe Max Ernst den Erfolg seiner Ex-Geliebten kommentiert.