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Streit um Roger-Waters-Auftritte: »Verbote gehen zu weit«

Soll Kunst wegen der politischen Meinung des Künstlers verboten werden? An der Frage scheiden sich die Geister.

Roger Waters
Pink Floyd-Musiker Roger Waters ist wegen seiner politischen Äußerungen umstritten. Foto: Onni Ojala
Pink Floyd-Musiker Roger Waters ist wegen seiner politischen Äußerungen umstritten.
Foto: Onni Ojala

Im Streit um Auftritte umstrittener Künstler wie des Pink-Floyd-Mitbegründers Roger Waters (79) sieht der Gießener Rechtswissenschaftler Maximilian Roth keine Handhabe für Verbote.

Roth sagte der Deutschen Presse-Agentur, es reiche »keinesfalls« aus, Künstlern politische Äußerungen vorzuwerfen. »Erst wenn die Äußerungen, Haltungen und Symbole Teil der Kunst werden, kann das ein Einschreiten der Behörden legitimieren«, sagte Roth.

Vorwurf: Antisemitische Propaganda

Waters wird vorgeworfen, antisemitische Propaganda zu betreiben. In der Festhalle auf dem Frankfurter Messegelände ist für den 28. Mai ein Konzert des britischen Musikers geplant. Auch um andere geplante Auftritte in Deutschland gibt es Streit, Forderungen nach Konzertabsagen häuften sich. Statt ein Verbot zu fordern, das juristisch nicht durchsetzbar wäre, könnte man Auflagen erlassen, schlägt Roth vor. Im Falle von Waters könnte man zum Beispiel verfügen, auf der Bühne keine antisemitischen Symbole zu zeigen.

»Kunstfreiheit ist ein von der Verfassung garantiertes und vorbehaltlos gewährtes Grundrecht«, sagte Roth. Eingriffe in die Kunstfreiheit seien nur zum Schutze anderer Verfassungsgüter zulässig - zum Beispiel der freiheitlich-demokratischen Grundordnung - oder wenn ein Straftatbestand erfüllt werde - etwa der Volksverhetzung. Aber auch dann bedürfe es noch einer »Verhältnismäßigkeitsprüfung«, in der im Einzelfall abgewogen werden müsse.

Politik und Kunst

Wenn eine strafrechtliche Schwelle überschritten werde, seien politische Forderungen begrüßenswert. »Wenn sich die Politik aber in den Geschmack von Kunst einmischt, ist das im Zweifelsfall sogar kontraproduktiv«, warnt Roth. Menschen, die dem Staat kritisch gegenüberstünden, könnten zu dem Schluss kommen, dass die Politik ihnen jetzt sogar noch vorschreiben will, welche Musik sie gut finden dürfen und welche nicht. »Dann kann sich das, was vielleicht gut gemeint ist, schnell ins Gegenteil verkehren.«

Heftigen Gegenwind erhielt Waters zuletzt auch von David Gilmour (76), seinem einstigen Bandkollegen bei Pink Floyd (»The Wall«). Gilmours Frau, die Songwriterin Polly Samson (60), schrieb in einem Tweet an Waters gerichtet: »Leider bist du antisemitisch bis ins Mark.« Waters sei ein Putin-Apologet und ein »lügender, diebischer, heuchlerischer, steuervermeidender, Playback singender, frauenfeindlicher, neidzerfressener Größenwahnsinniger«. Gilmour teilte den Post und schrieb: »Jedes Wort nachweislich wahr.« Waters antwortete auf Twitter und sprach von »aufrührerischen und völlig unzutreffenden Kommentaren«, die er zurückweise.

© dpa-infocom, dpa:230210-99-542218/2