Seine Zeit in Mannheim hat Samuel Koch offenbar geprägt. Er halte es inzwischen mit Friedrich Schiller, sagt Koch: »Komödie ist die Überwindung der Tragödie«. Kurz zuvor hat er den Werkraum der Münchner Kammerspiele zum Lachen gebracht mit seiner Erzählung darüber, wie das ablief mit seiner Entscheidung für die bayerische Landeshauptstadt. Auf der Contra-Seite: der Wohnungsmarkt - und Fußball.
Zur neuen Spielzeit wird der 36-Jährige Ensemble-Mitglied der Kammerspiele und wechselt vom Nationaltheater Mannheim, wo einst Schillers »Räuber« uraufgeführt wurde, an die Münchner Maximilianstraße. Warm werden müsse er mit der Stadt nicht, sagt er im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Er kenne sie ganz gut. »Früher war ich oft im Turnzentrum in Unterhaching.«
»Früher« ist bei Koch nicht einfach nur ein paar Jahre her - es ist ein anderes Leben. Früher ist die Zeit vor dem 4. Dezember 2010, als ein Millionenpublikum dabei zusah, wie sich das Leben des damals erst 23-Jährigen schlagartig veränderte. Bei dem Versuch, mit Sprungfedern an den Füßen über Autos zu springen, verletzte er sich bei »Wetten, dass..?« so schwer, dass er seither im Rollstuhl sitzt. Er brach sich Halswirbel, ist querschnittgelähmt.
In München will er künftig auch Regie führen
Doch er kämpfte sich zurück ins Leben, auch wenn das heute ein anderes ist als das, das er als junger, sportlicher Mann führte. Koch arbeitet als Schauspieler, hat Bücher geschrieben - und will in München künftig auch Regie führen.
Er werde »erste wahre Regie-Erfahrungen hier in diesem Raum« sammeln, kündigt er an. Man sei in Gesprächen, konkrete Pläne gebe es noch nicht, sagen Koch und Intendantin Barbara Mundel im Anschluss an die Pressekonferenz.
Und dann fällt der Schiller-Satz über die Komödie, die die Tragödie überwindet. »Manchmal kann man nicht anders als verzweifeln«, sagt Koch. »Aber man kann auch mehr Zukunftsmut verbreiten und nicht nur Zukunftsangst.« Möglicherweise kann er der Münchner Bühne und Intendantin Mundel auch in ihrem Streben nach einer höheren Auslastung (sie war auf etwas mehr als die Hälfte zurückgegangen) helfen.
Er wolle als Regisseur »eher in eine Unterhaltungsrichtung« gehen, sagt er der dpa. Aus seiner Sicht sei es möglich, »die Kunst zu bedienen und den Kommerz zu bedienen«. Sein erstes Projekt als Schauspieler an den Kammerspielen ist die Uraufführung des Stücks »Proteus 2481«; im Oktober beginnen die Proben.
Derzeit sucht Koch noch eine Wohnung
Bis dahin müssen Koch und seine Frau und Schauspiel-Kollegin Sarah Elena Timpe (38) allerdings noch eine Wohnung finden. »Eine Absage kam schon.« Da schlägt sie schon zu, die Contra-Liste. Auch Fußball habe darauf gestanden, hatte Koch in der Pressekonferenz gesagt - aber nicht, weil er etwas konkret gegen den FC Bayern habe, sondern weil sein Sportbegriff ein anderer sei als der, der ihn beim Fußball oft störe. Einer, »zu dem es nicht passt, zu jammern und sich zu beschweren«.
Die Premiere von »Proteus 2481« ist für den Dezember dieses Jahres geplant. Dann ist Kochs Unfall schon 14 Jahre her. Inzwischen nähmen ihn die Menschen immer häufiger als Schauspieler wahr und nicht mehr nur als denjenigen, der damals den Unfall hatte, sagt der 36-Jährige. Und das freue ihn. »Man kann ja kritisieren, dass wir in einer Leistungsgesellschaft leben, aber auch bei mir ist es so, dass ich mich lieber über meine Leistung definiere als über eine kleine Fehlleistung.«
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