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Liam Gallagher mit zweitem Solo-Album

Er gehört zu den besten Frontmännern im Rock. Doch weil der Oasis-Zwist mit seinem Bruder seit Jahren anhält, ist Liam Gallagher weiter solo unterwegs. Was verspricht das zweite Album?

BERLIN.  Liam Gallagher scheint mit sich selbst im Reinen. »Das hier ist ganz einfach, überhaupt keine Bürde.« Nach seinem erfolgreichen Start auf eigenen Beinen vor zwei Jahren empfindet er keinen Druck für die Debüt-Nachfolge. »Nur Freude, kein Stress«, sagt der Ex-Oasis-Sänger über die Platte »Why Me? Why Not.«, die am 20. September erscheint - einen Tag vor seinem 47. Geburtstag.

Schon zehn Jahre sind vergangen, als Oasis-Vordenker Noel Gallagher der Britpop-Band den Rücken kehrte und seither nichts mehr mit dem jüngeren Bruder zu tun haben will. Erst fand sich Liam mit den anderen Zurückgelassenen in der Band Beady Eye wieder. Im Herbst 2017 setzte er dann mit »As You Were« eine satte Solo-Wegmarke - zumindest in der britischen Heimat: Gleich in der ersten Woche sprang das Debüt an die Chartspitze, Gallagher verkaufte damals mehr Einheiten als die neun anderen Top-Ten-Alben zusammen.

Nun also der Zweitling. »Why Me? Why Not.« beginnt mit dem Blues-Kracher »Shockwave«, einem Vintage-Rock'n'Roll-Brett ohne Finesse, aber mit ordentlich Wumms dahinter. Stilistisch stimmt Gallagher die altbekannten Gitarrensaiten an. Das Album habe wieder Einflüsse von den Beatles, den Rolling Stones oder den Sex Pistols, sagt er im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. »Das ist die Musik, die ich mag. Ich werde niemals eine Disco-Platte aufnehmen.«

Beim groovigen »One of Us« wurde auf den Inseln schon über eine ausgestreckte Hand in Richtung Noel frohlockt, mit dem Liam seit Jahren über Kreuz liegt. »Hey kid«, singt er darin, »did you know? Today 16 years ago it was you and I for the last time.« (»Hey Kleiner, weißt du noch? Vor 16 Jahren hieß es das letzte mal Du und Ich.«) In Interviews nennt Gallagher den älteren Bruder nie beim Namen, sondern sagt nur »Kid«, wenn er über ihn spricht.

Wie auch immer: Das ganze Album hat einen introspektiven Schimmer. Am besten sind die zurückgenommenen Songs, in denen Prahlhans Liam in der Vergangenheit schwelgt. »Once« erinnert ein wenig an John Lennons »Jealous Guy«. In titelgebenden »Why Me Why Not« und dessen »Come Together«-Vibe zeigt Gallagher, wie gut britischer Indie-Rock auch mit einem viertel Jahrhundert auf dem Buckel noch ist.

Der Sänger sieht sich selbst eher als Regisseur der Platte. »Ich bin kein Songwriter«, sagt er. »Ich kann nur Häppchen schreiben.« Alle Titel sind in Zusammenarbeit mit Textern entstanden. Schon bei Oasis führte Noel die Feder, während Liam für die Pose zuständig war.

Im kommenden Februar tourt der jüngere Gallagher durch Europa. Wie Noel spielt auch er bei seinen Auftritten immer Oasis-Material - darunter freilich auch »Wonderwall«, eines der berühmtesten Stücke. »Auch wenn jeder sagt, der Song geht mir mächtig auf die Nerven«, sagt Gallagher, »wenn du ihn nicht spielst, heulen die Leute gleich rum, und erst wenn du ihn dann spielst, sind sie wieder glücklich.«

»Why Me? Why Not.« ist ein vielfältiges Album, das sich durch die sanfteren Passagen von seinem Vorgänger abhebt. Nur über eins kann es weiter nicht hinwegtäuschen: Dass es noch immer nicht soweit ist, dass Noel wieder Songs für den kleinen Bruder schreibt. (dpa)

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