Mit einer multimedialen Feier, Laser- und Scheinwerferstrahlen, Tanz und Musik und der Beteiligung zahlreicher Einwohner hat am Samstag die kleine griechische Hafenstadt Eleusis (auch: Elefsina) ihr Europäisches Kulturhauptstadt-Jahr eingeleitet.
Sie ist mit rund 30.000 Einwohnern die bislang kleinste Stadt, die Kulturhauptstadt Europas wird. Die Feierlichkeiten dauerten bis in die frühen Morgenstunden.
Eleusis liegt rund 20 Kilometer westlich der griechischen Hauptstadt Athen und stand stets in deren Schatten. Nun ist man bestrebt, sich aus dieser Randlage zu befreien und eigenständiger zu werden. »Für uns ist das Jahr der Kulturhauptstadt die Hoffnung für einen Neustart und bessere Zeiten«, sagte Bürgermeister Argyris Oikonomou der Deutschen Presse-Agentur während der Eröffnungsfeier. Die Veranstalter benutzen bewusst den altgriechischen Stadtnamen Eleusis und nicht den heutigen Namen Elefsina, um auf die Bedeutung der Stadt in der Antike hinzuweisen.
Das Motto lautet »Geheimnisse des Übergangs« (Mysteries of Transition). Alle Inszenierungen spiegelten das, wofür die Stadt in der Antike stand: Dort fanden die »Mysterien von Eleusis« statt, eine Art Geheimkult, mit dem jährlich die Neugeburt der Natur gefeiert wurde. Die Riten zogen damals Tausende Athener an, die in die Stadt pilgerten. Tausende Einwohner strömten nun auch zur Küste der kleinen Hafenstadt, um diesen Ritus zu wiederholen. Regen störte vorübergehend die Feierlichkeiten.
Als Höhepunkt des Programms von Eleusis23 gilt die szenische Umsetzung des »Deutschen Requiems« von Johannes Brahms. Das »Human Requiem« von Regisseur Jochen Sandig und dem Berliner Rundfunkchor wird Ende September 2023 in der antiken Stätte von Eleusis aufgeführt. Der österreichische Regisseur David Haneke will auf Basis von Aufnahmen des Konzerts einen Film konzipieren.
In der antiken Stätte von Eleusis befindet sich nach der Mythologie der Antike der Eingang zur Unterwelt. Hades – der Herrscher der Unterwelt - soll die Tochter der für die Fruchtbarkeit der Erde zuständigen Göttin Demeter entführt haben. Demeter ist zornig und lässt nichts mehr wachsen. Die Menschen hatten der Mythologie zufolge nichts zu essen. Nach einem langen Verhandlungsmarathon kommt es zur Vereinbarung: Die entführte Tochter durfte von Zeit zu Zeit wieder die Unterwelt verlassen und ihre Mutter Demeter besuchen. Die Göttin Demeter gab nach und alles durfte wieder blühen und später auch geerntet werden - aber nur solange die Tochter bei ihr war, erklären die Archäologen. So sollen die Jahreszeiten entstanden sein, heißt es in der antiken griechischen Mythologie.
Der Hafen wurde zum Friedhof für Schiffe
Eleusis war immer mit der griechischen Hauptstadt Athen verbunden - und stand stets in deren Schatten. Nun ist man bestrebt, sich aus dieser Randlage zu befreien und eigenständiger zu werden. Kulturdirektor Michail Marmarinos forderte die Menschen im Ausland auf: »Kommen Sie nach Eleusis und probieren Sie es. Es lohnt sich«.
Die letzte Blütezeit erlebte Eleusis im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Als Kornkammer der Region und wegen des Hafens war es eines der wichtigsten Industriezentren Griechenlands. Schiffbau, Zementfabriken, Manufakturen und Lebensmittelindustrie liefen auf Hochtouren. Dann aber kam der Untergang: Piräus und Athen absorbierten so gut wie alle Wirtschaftszweige. Der Hafen von Eleusis verkam zum Friedhof für Schiffe. Von den Wracks sind noch heute Dutzende vorhanden. Genau das alles will die Stadt nun als Kulturhauptstadt Europas überwinden. »Wir wissen es. Es wird nicht leicht sein«, sagte der Bürgermeister der dpa.
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