DÜSSELDORF. Florian Schneider-Esleben, Mitbegründer der legendären Gruppe Kraftwerk, ist im Alter von 73 Jahren gestorben. Das gab das Musikunternehmen Sony am Mittwoch in Berlin unter Berufung auf Kraftwerk-Gründer Ralf Hütter bekannt. Schneider-Esleben sei nach kurzer Krebserkrankung gestorben.
Die Zusammenarbeit von Schneider und Hütter begann 1968 mit dem Musikprojekt »Organisation«. 1970 gründeten sie das berühmte Kling-Klang-Studio in Düsseldorf und starteten Kraftwerk. Schneider-Esleben, Sohn des berühmten Architekten der Nachkriegsmoderne Paul Schneider-Esleben, ist damit einer der Pioniere der elektronischen Musik.
Er war an den wegweisenden Kraftwerk-Alben Autobahn (1974), Radio-Aktivität (1975), Trans Europa Express (1977), Die Mensch-Maschine (1978) und Tour De France (2003) beteiligt. Ende 2008 verließ er die Gruppe im Alter von 61 Jahren. 2014 erhielt er für sein Lebenswerk den Grammy.
»Mein lieber Florian«, twitterte der französische Musikstar Jean-Michel Jarre (71) am Mittwoch, »Deine Autobahn wird niemals enden, die Tour de France wird nie wieder dieselbe sein.«
In dem unscheinbaren Düsseldorfer Studio bastelte die Gruppe an ihrem vollsynthetischen, elektronischen wie minimalistischen Sound. Nicht einmal David Bowie soll Zutritt bekommen haben, als er in Düsseldorf zu Besuch war.
Tausende junger Musiker beriefen sich danach auf
die verschwiegenen und öffentlichkeitsscheuen Düsseldorfer Avantgardisten, die allmählich Weltruhm erlangten. Juan Atkins, der Anfang der 80er Jahre den Begriff Techno prägte und als »Godfather des Techno« gilt, bezeichnete die Band als seine »Götter«. Der musikalische Einfluss der Gruppe gilt als epochal.
Bei ihren ersten Auftritten wurden die Düsseldorfer »Ton-Architekten« noch ausgebuht. Zu groß war der Bruch mit dem dominierenden Rock. Mit »Autobahn« hatte Kraftwerk dann 1974 den internationalen Durchbruch. Das Album war der erste Exportschlager deutscher Popmusik in die USA.
1998 wurde Florian Schneider zum Professor an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe berufen. Er sollte dort »Medienkunst und Performance« lehren. »Er hat die Professur damals aber unseres Wissens nie angetreten«, sagte ein Hochschulsprecher am Mittwoch.
Inzwischen ist der weltweite musikalische Einfluss des Musikers und seiner Gruppe unbestritten. Kraftwerks Retrospektive wurde vor einigen Jahren in einigen der bedeutendsten Kunstmuseen der Welt aufgeführt.
In der Kunstwelt wird Kraftwerk neben Mondrian und Kandinsky
zwischen Minimalismus und Konstruktivismus sortiert. So eingängig ihr digitaler Sound, ihre Rhythmen und Melodien heute sind, so revolutionär und unerhört waren sie es in den 1970er Jahren. (dpa)